Das Ende.

Ich bin zurück, doch dafür hat sich genau heute der Sommer 2019 von uns verabschiedet.

Gestern waren es noch 32 Grad, und der Mann, das Kind und ich waren in der Innenstadt, haben von der aufgestauten Sommerhitze und der kräftig scheinenden Augustsonne geschwitzt. Das Kind musste ein Eis zur Abkühlung essen, und der Mann und ich ein kaltes Kölsch trinken, als medizinisch indizierte Intervention sozusagen.

Die Leute waren vergnügt, alles hatte so eine Leichtigkeit, jeder war freundlich und versuchte den letzten Sommersonnentag irgendwie schön zu verbringen. Doch es lag auch schon ein wenig Traurigkeit in der Luft, etwas Melancholie, weil jedem klar war, dass jetzt die lauen Nächte vorbei sind, die Abende, an denen man bis Mitternacht in kurzen Shorts und Kleidchen draußen sitzt und die Nächte zum Tag macht.

Gestern hat wohl auch für eine lange Zeit das letzte Sonntagsfrühstück bei uns auf der Terrasse stattgefunden, und das nächtliche Schwitzen hat nun auch bald ein Ende.
Ein, zwei Tage wird es noch dauern, bis sich die aufgestaute Wärme aus dem Haus verzogen hat. Dann muss man sich wieder mit dem Abtrocknen nach dem Duschen beeilen, damit man nicht friert, und irgendwann muss man die Heizung wieder anstellen, damit man nicht vor Kälte erstarrt.

Was waren das für tolle Monate. Menschen sprechen wieder vom Jahrhundertsommer, der den vom letzten Jahr oder auch von 2003 noch toppen könnte.

Ich liebe die Wärme, doch tatsächlich gab es Augenblicke, in denen ich mir Abkühlung wünschte, wenn mir der Schweiß aus dem Nichts den Rücken herunterlief, oder er sich feinperlig auf meiner Oberlippe absetzte, ich nachts völlig erschöpf aufwachte, und ich nicht wusste wie ich mich genau legen sollte, um möglichst wenig Kontakt mit dem Bettlaken unter mir zu haben.

Ich habe in diesem Sommer angefangen draußen einen Sonnenhut zu tragen, damit mir mein Hirn nicht wegbrutzelt, und ich noch halbwegs klare Gedanken fassen kann. Ich habe mich ständig mit Sonnencreme eingeschmiert, auch wenn es nur kurz zum Brötchen holen ging.
Der Sommer war so trocken, dass es schon einen kleinen Vorgeschmack auf den Herbst gab, und wir trockenes Laub vor unserer Haustür wegkehren mussten.

Ich habe Wehmut, der Sommer geht vorüber und das bedeutet ganz automatisch, das Jahr geht auch bald zu Ende, noch 4 Monate, dann beginnt ein Neues.
Schon wieder, und von Jahr zu Jahr schneller.

Ich vermisse ihn jetzt schon, meinen Sommer.
Draußen sind es noch 20 Grad, einige Sonnenstrahlen kämpfen sich durch eine dicke graue Wolke, und man kann nicht wirklich von Kälte reden, aber der Blick auf WeatherPro für die kommende Woche zeigt ganz genau, dass es jetzt von Tag zu Tag ein wenig kühler wird.

Vielleicht bekommen wir ja einen schönen Spätsommer, oder einen goldenen Herbst.

Kürbis und Co. esse ich schon sehr gerne, genau wie Schmorgerichte und Eintöpfe.
Es sich mit Mann, einem Glas Rotwein und NETFLIX oder einem spannenden Buch auf dem Sofa gemütlich zu machen, und sich in eine Decke einzukuscheln, hat auch etwas für sich.

Schauen wir also optimistisch in die Zukunft, freuen uns auf die kommenden Jahreszeiten mit all ihren Facetten und genießen jeden Tag mit der Gewissheit:
der Sommer 2020 kommt ganz sicher!

Ihr Fräulein Sonnenschein

 

Die Ratte.

Eigentlich hatte der Mai die letzten 31 Tage einen fetten Anorak an und leider kein Sommertop.
Es war kalt, ungemütlich, regnerisch und oll.

Letzte Woche im Radio sagte irgendein Schlaumeier, der Mai wäre genauso ein Monat wie der April.
So ein Blödsinn!
Der April kann machen was er will, aber der Mai bringt gefälligst Sonne und ist nicht in der Therapiebedürftigen Sommerfindungsphase.
Regen macht depressiv, grauer Himmel und ungemütliche Temperaturen auch.
Ich bin nörgelig, das findet der Mann auch.
Mir fehlt eindeutig Vitamin D. Nach Blutentnahme und laut aktuellen Laborberichts: ihm auch. Allerdings in größerer Menge, so dass er es sogar substituieren muss.

Er ist nicht nörgelig.
Hmm… vielleicht wirkt Vitamin D- Mangel bei Männern und Frauen unterschiedlich?

Scheinbar.

Keine Sonne bedeutet aber auch: kein Rasen.
Der Mann hat unseren Rasen, der eigentlich gar nicht Rasen heißen dürfte, sondern Moosfläche, mit irgendeinem hochaggressiven Unkrautvernichter eingestreut. Dieses Zeug wird im OBI im „Waffenschrank“ versteckt, also muss es sehr stark wirken. Tage später war das Moos braun und tot, und hier und da linste ein grüner Grashalm aus unserer Minigrünfläche (Braunfläche…) heraus.
Er streute Rasen drüber, aber nichts passierte. Wie denn auch, ohne Sonne? Nun gut, vielleicht lag es nicht nur an der Witterung.
Der Vertikutierer unsere Freunde musste her.
Eine Stunde später waren wir stolze Besitzer eines innerstädtischen Ackers, auf dem wir wahlweise Kartoffeln oder Erdbeeren anpflanzen könnten.

Taten wir aber nicht.
Der Mann kaufte den besten erhältlichen Schattenrasen und war mittlerweile auch schon mit den Jungs der Gartenabteilung im OBI per Du.
Er säte aus, und wir waren voller Erwartungen.
Die Rasensamen sahen seltsam aus, knatschgrün und irgendwie ganz wenig Bio.
Jeden Tag wird und wurde gewässert, da sind wir strikt.
Allerdings scheint dieser giftgrüne Rasensamen eine bestimmte Anziehung auf die heimische Tierwelt zu haben, denn plötzlich besuchten uns Krähen, Tauben, Rotkehlchen…und alles fraß sich fröhlich in unserem Garten satt.
Das war ok, bis gestern.
Gestern nämlich, da saß ein dicker Vierbeiner, mit langem und dünnem Schwanz, auf unserem Rasen und fraß einfach unsere Rasensamen auf.
Nein… leider kein niedliches Mäuschen, sondern eine fette Ratte mit Kulleraugen und schlechten Ohren. Als ich nämlich empört an die Fensterscheibe klopfte (von innen, denn so recht wollte ich nicht auf die andere Seite der Terrassentür, meine Freundin, die neben mir stand, übrigens auch nicht…) machte dieses nicht eingeladene Nagetierchen überhaupt keine Anstalten seinem Fluchtreflex nachzukommen.
Das tat sie erst, als ich die Terrassentür öffnete und drohte, persönlich vorbei zu kommen.

Sie ging.
Nicht wirklich angsterfüllt, und kurz danach schaute sie auch schon wieder ganz frech über das Bangkirai hinweg in unsere Richtung, nur um zu checken, ob wir noch da sind.
Wir waren da, und ganz ehrlich, das war sehr respektlos und quasi eine Kampferöffnung!

Und wie wir da waren, … der Gartenschlauch auch.
Die Besuchsfrequenz war regelmäßig, immer passend zum Frühstück, allerdings nicht bei nassem Rasen, den schien sie nicht so sehr zu mögen.
Heute Nachmittag kam sie zum Zwischensnack vorbei und hat sich dann ganz schnell untern Strandkorb versteckt als sie uns bemerkte, hier jedoch hat sie nicht mit dem Besen und dem Wumms, den so ein Besen in Kombination mit einem Strandkorb machen kann, gerechnet.
Sie floh. Erst nur recht halbherzig. Dann war jedoch die Jagt eröffnet, und der Garten wurde verteidigt. Ich habe unseren Garten verteidigt!
Sie floh in Richtung Maisfeld. Bisher ist sie nicht zurückgekommen.
Der Mann kommt morgen von seinem Vatertagsausflug zurück, und ich gebe die Verantwortung gerne ab.

Eine Ratte ist mehr Männersache (an den Mann: kann man überall nachlesen)!

Habe ich schon erzählt, dass ich in Bad Pyrmont geboren wurde?
Das liegt 20km von Hameln entfernt…

Sie kennen doch die Geschichte?

Ihre Rattenfängerin

 

Fußball.

Meine ersten Erinnerungen an Fußball sind die Sportschau am Samstag, in denen mein Vater mit großem Interesse die Bundesligaergebnisse verfolgt hatte, und die Tatsache, dass Fußball unglaublich schmerzhaft sein musste.

Mein Vater hat, als ich etwa 7 oder 8 Jahre alt war, mit seinen Kumpels und Arbeitskollegen gelegentlich an Fußballturnieren teilgenommen. „Altherren“ nannten sie das damals, was ich nicht wirklich verstand. Übrigens auch heute nicht, denn mein Vater, der irgendwo Anfang bis Mitte 30 war, war sogar für mich damals kein alter Herr, das waren die Opas mit zurückgekämmten grauen Haaren, hässlichen Brillengestellen auf der Nase und riesigen Ohrläppchen.

Nach diesen Spielen konnte er sich kaum bewegen, kroch fast auf allen vieren die Treppen in den 2. Stock hoch, verschwand für gefühlte 3 Stunden in der Badewanne und blockierte das Badezimmer. Er erklärte mir, er sei zu alt für so etwas wie Fußballspielen.

Mir war zu dem Zeitpunkt das Wort Muskelkater völlig unbekannt und ich konnte auch nicht verstehen, dass es ohne ersichtlichen Grund, also ohne Zusammenstöße oder sonstige Körperkontakte, diese offensichtlich starken Schmerzen auftreten konnten, die am nächsten und am übernächsten Tag scheinbar noch stärker ausfielen.

Warum taten sich das erwachsenen Männer an, nur um etwas ledernes Rundes, an 11 gegnerischen Spielern vorbei, in das große Eckige zu schießen?
Dann und wann wurde gepfiffen, und wenn ein Schuss glückte, flippten alle total aus.

Älter werdend nervte mich Fußball im Fernsehen noch mehr, ich verstand die Regeln nicht und konnte diesem Hype um Männer in unmöglichen Turnhosen, hochgezogenen Stümpfen, beknackten Frisuren, gelegentlich dumpfe Kommentare abgebend, nichts abgewinnen.

2006 fing an alles anders zu werden. Ich lebte in Berlin und plötzlich machte ein englisches Wort, das es im Englischen überhaupt nicht gibt, die Runde und lud dazu ein, sich Spiele in der Öffentlichkeit anzusehen. Alle fieberten mit. Fußball verband, grenzte nicht aus, und Nationalstolz und Deutschlandfähnchen hatten keinen schalen Beigeschmack mehr.

Wir trafen uns in Mädelsrunden zum Fußball schauen, es gab Törtchen und rosa Sekt.
Wir jubelten lautstark und beurteilten die Spieler nach völlig neuen Kritikpunkten, bei denen nicht unbedingt ihre Spielerqualitäten im Vordergrund standen.
Der Fußball hielt Einzug in mein Leben und „zu Gast bei Freunden“ war mein Sommermotto.

Während dieser Weltmeisterschaft habe ich auch mein allererstes Fußballspiel in einem Stadion gesehen- Deutschland gegen Österreich in Wien. Ich bekomme noch immer eine Gänsehaut, wenn ich zurück denke- was für eine Stimmung!
Obwohl mir der Kommentator schon etwas fehlte, ebenso die Zeitlupen und die Wiederholungen.

Es dauerte noch einige Jahre und 2 Umzüge bis ich mich als Vereinsmitglied eines gerade im Aufstieg befindlichen 2. Ligavereins wiederfand. Nun gut, ich bin quasi über meinen Kopf hinweg angemeldet worden, und musste etwas zu meinem Glück gezwungen werden. Ebenso anfänglich zu den Pullis, Schals und Sitzkissen mit Vereinslogo.
Fand ich früher Frauen in Trikots irgendwelcher Mannschaften total bekloppt und sprach ihnen jegliche Fußballkompetenz ab, muss ich gestehen, dass mich Fußball auch gepackt hat. Im Stadion mitzufiebern ist großartig.
Sicherlich macht es auch einen Unterschied, ob man sich für einen familienfreundlichen, sympathischen, mit selten asozial verhaltenden Fans entscheidet, oder Teil einer Pyrotechnik affinen Kampftruppe ist, die sich am liebsten bei 4 Promille gegenseitig auf die Fre* haut.

Meine Lieblingsfarben sind Rot und Weiß, gerne auch geringelt.

Letzte Woche habe ich unser Maskottchen im Zoo besucht und nächsten Sonntag bin ich mit dem Mann und Freunden im Stadion und fiebere unserem Aufstieg in die 1. Liga entgegen, auch, wenn dann Tickets nicht mehr bezahlbar sind.

Können Sie eigentlich ein passives Abseits erklären?

Ihr Fräulein FC Lindemann

 

Vergesslich.

Es war irgendwann Ende der 80er, vielleicht auch Anfang der 90er, als ich einen wunderschönen, aber unglaublich traurigen Film im Kino gesehen habe.
Dieser Film hat mich tief beeindruckt und nachhaltig bewegt.
„Zeit des Erwachens“ mit einem großen Robert de Niro und einem großartigen Robin Williams, den ich bis dato nur aus „Mork vom Ork“ und „der Club der toten Dichter“ kannte.

Kennen Sie das auch, gerade war man auf dem Weg etwas zu tun, und schon auf dem Weg dahin, hat man es wieder vergessen. Gerade drehe ich mich um und gehe vom Küchenblock zur Küchenschublade (1,5 Meter, wenn überhaupt- ca 1,9 Sekunden), da stehe ich schon davor und habe nicht mehr den leisesten Schimmer was ich da genau wollte.
Manchmal fällt es mir ein.
Aber wie oft finde ich mich im Keller wieder, leider nichts in der Hand was mir auch nur irgendwie einen Hinweis auf mein Vorhaben geben könnte, und gehe wieder hoch, unverrichteter Dinge.

Dass ich abends nach Hause finde, grenzt an ein Wunder. Allerdings könnte das auch daran liegen, dass der Mann in alle unsere Navigationssysteme „Home“ eingegeben hat.

Ich verliere auch Dinge, weil ich vergesse wo ich sie abgelegt habe. Seit 8 Monaten suche ich eine Gucci-Sonnenbrille, die war teuer, und jetzt ist sie weg.
Ich habe sie sehr gern. Oder hieße es hier besser, ich hatte sie gern?
Leider ist der Mann keine wirkliche Hilfe, denn sein Kommentar war nur: ja, die habe ich gesehen und mich noch gewundert, dass sie da lag wo sie lag, und mich gefragt, ob Du sie wohl wieder findest… ?
Das kann ich jetzt klar beantworten: NEIN.
Ich habe ein Kopfgeld auf die Sonnenbrille ausgesetzt, d.h., die Kinder suchen mit, und es gäbe im Fall der Fälle eine Belohnung.
Leider verläuft die Suche weiterhin ohne Erfolg.

Die Sonnenbrille des Mannes war auch mal für 1,5 Jahre fort. Genau der Zeitraum, der zwischen einer und der nächsten Radtour lag, zumindest mit Fahrradhelm, denn da drin lag sie, fein ordentlich und in ihrem Brillenetui.
Mir fehlt auch noch ein Armband, das habe ich mal im Hotel in Chicago vor der Putzfrau versteckt. Entweder ich habe es zu gut für mich versteckt, oder sie hat es gefunden.
Ein kleiner Teil von mir ist sich sicher, irgendwann taucht es wieder auf, oder ich erinnere mich wo ich es versteckt habe. Es war ein Weihnachtsgeschenk, und ich hatte es ebenfalls wirklich sehr gern.

Letzten Freitag jedoch passierte der absolute Supergau.
Ich war zum Abendessen mit einer Freundin verabredet, und der blöde Flieger hatte eh schon etwas Verspätung. Hinzu kam, dass man in Düsseldorf etwas über unser Ankommen überrascht war, und man deshalb auch keinen „Arm“ für uns parat, der uns trocken ins Flughafengebäude bringen sollte.
Hinzu kamen einige Mitmenschen, die meinten, sie müssten sich beim Aussteigen von hinten nach vorne durchdrängeln, und auf vorsichtiges Nachfragen, ob man nicht kurz die jeweilige Reihe aussteigen lassen könnte, nur mit: hier herrscht Reisverschlussverfahren antworteten. Was für ein Quatsch!

Eilig düste ich endlich irgendwann zum Parkscheinautomaten, bezahlte und … nichts.
Ich hatte keinen Schimmer mehr, wo ich geparkt hatte. Zu 99% parke ich immer auf der selben Ebene, im selben Bereich des Parkhauses, in dem ich mindestens ein Mal in der Woche bin, seit mehreren Jahren.

Ich konnte mich schwach erinnern, dass genau das Parken am bekannten Platz dieses Mal nicht möglich war, an mehr jedoch nicht.

Ach ja, ich habe während meines Einfahrens und dem Weg zum Gate mit einer Kollegin telefoniert, offensichtlich sehr intensiv.
Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen, um meinem Superspatzenhirn irgendwie weitere Details zu entlocken.
Nichts. Ein schwarzes Loch.
Ich lief mit Köfferchen und Taschen bepackt auf der Ebene herum, die ich für die am wahrscheinlichsten hielt. Den Arm hochgesteckt und den Autoschlüssel in der Hand. Ich drückte auf „öffnen“ bis mir der Daumen weh tat.
Das tat ich mehrfach auf der gleichen Ebene, weil ich mir nicht sicher war, ob mein Arm auch lang genug war, um alle Autos zu erreichen. Irgendwann war meine Laune so dermaßen im Keller, dass ich vor Wut gegen alle Autos hätte treten können und mit meinem Köfferchen davor fahren wollte.
Ich war kurz vorm Heulen.
Den Mann wollte ich nicht anrufen, obwohl ich kurz davor war ihn zu bitten, mich einfach abzuholen, und den Verlust unseres Autos, ohne weiter nachzufragen, hinzunehmen.
Dann musste ich auch die Freundin anrufen, um ihr zu erklären, dass bei unserer Reservierung und der strikten Zeitplanung des Restaurants, die Wahrscheinlichkeit auf einen gemeinsamen Abend sehr gering ausfiel. Sie blieb cool.
Ich nicht. Und ich wurde wütender. Ihr Rat war, das Parkhauspersonal zu fragen, das ging natürlich auf gar keinen Fall.

Die nächsten 30 Minuten suchte ich 3 ganze Parkdecks ab, und irgendwann, ja, irgendwann fand ich mein Auto.

Ich zahlte das wieder abgelaufene Ticket nach und fuhr nach Hause,… war ja eingespeichert…

Ihr Fräulein… äh… Lindemann

 

Jecke Zick.

Der Februar ist gekommen, die Bäume schlagen aus, da bleibe wer Lust hat mit Sorge zu Haus.

Doch eigentlich sollte es im Februar kalt und ungemütlich sein; mit Schnee, Regen oder auch Schneeregen.
Schaue ich jedoch in den Himmel, blendet mich die Sonne, und fange ich doch an, etwas durch meine zugekniffenen Augen zu sehen, dann ist es ein strahlend blauer Himmel.

Nun gut, denken Sie, was besagt schon ein blauer Himmel und etwas Sonne? Da gebe ich Ihnen Recht, wären es dabei nicht 19,5°C, und wäre ich nicht im T-Shirt im Garten, schwitzend Blümchen einpflanzen.

Neben den Bäumen schlagen auch gerade die Allergien aus. Überall trieft die Nase, die Augen tränen und so ein Grippeähnlicher Zustand im Februar, ist nicht wirklich von einer fiesen Wintererkältung zu unterscheiden.
Als ich heute Mittag kurz in den Supermarkt fuhr, zeigten sich wieder die ersten „erste Sonnenstrahlabsonderlichkeiten“: Menschen, die barfuß in Flipflops stecken und in kurzen Hosen. Geht das schon wieder los, und muss das eigentlich sein?
Kann man da nicht etwas Rücksicht auf die sensiblen, allergiegeplagten Mitmenschen nehmen? Deren Augen sich noch nicht ans grelle Licht gewöhnt haben, sondern noch irgendwie in der Winterdunkelheit feststecken.

Außerdem ist es ja immer noch Februar und denken wir zurück, erinnern sich einige auch an Ostern im April mit Schnee und Hagel, also, es kann sich zügig ändern, dann die Winterboots mal nicht so weit wegstellen, genauso wenig wie den dicken Anorak und die Mütze.

Aber mit dem ersten Sonnenstrahl werden alle so viel freundlicher, gut, dass Autofahren klappt nicht so gut, Sonne macht irgendwie übermütig und irgendwie auch manch Menschen etwas blöd. Dennoch, lächelnde Gesichter, Türen für Mitmenschen offenhalten, Rücksichtnahme ist schon so viel netter.

Schaue ich bei „Wetter.de“ vorbei, muss ich leider ein kleines Schüppchen ziehen, denn kaum über die kleine Vitamin- D- Zufuhr gefreut, muss ich mich schon wieder davon verabschieden und stattdessen ein Vitaminpillchen einschmeißen.

Schon gestern, an Altweiberfastnacht, verzog sich die Sonne schon wieder und taucht, traut man der weiteren Vorhersage, auch die ganzen Karnevalstage nicht wieder auf. Und es soll regnen und winden.
Ist das nett vom Wettergott?
Der scheint ja nicht so auf Umzüge, Sitzungen und auf das Verkleiden zu stehen. Vielleicht mag er ja auch die kölschenen Lieder nicht, oder es geht ihm so wie mir, und er versteht sie einfach nicht, diese Kölsche Sprache.
Ich singe ja auch meine eigenen Texte, weil ich keinen Schimmer habe und ich liebe das Lied: et jitt kei Wood … (Das singe ich in Lindemännisch)

Hier kommt es auch gerne mal zu Missverständnissen, wenn man versteht, dass sich irgendwer noch nicht „satt gehurt“ hat. Hier sollte man gut zuhören, denn die Feinheiten machen den Unterschied.
In diesem Fall heißt es „satt gehürt“, hat was mit „hören“ zu tun.

Oder „hück steiht de Welt still“. Hück? Was ist denn das für ein Wort? Oder „Lurre“, wo ist denn da wohl die Verbindung zu Augen?
Also bitte!

Mein Vater hat Plattdeutsch gesprochen, mit den alten Nachbarn und mit Verwandten. Ich habe es verstanden, konnte ich es sprechen? Nein. Eigentlich kann ich gar nichts anderes außer klares, reines Hochdeutsch. Ich bin nicht für Dialekte geeignet.

Im Nachmachen bin ich leider eine alberne Katastrophe. Ich würde wirklich so gerne sächsisch sprechen können, nur so zum Spaß, oder das bayerische „R“ rollen, oder den schwäbischen Singsang nachmachen, aber: geht nicht.

Talentfrei, wie der Mann, der, sobald er mit Freunden aus München spricht, ins bayerische verfällt, sagt.

Egal, von so kleinen Feinheiten lasse ich mir den Spaß nicht verderben und kann nur allen dies wünschen:
Habt e super geile Zick!

Ehr Mamsell Lindemann

 

Teenager.

Im Alter zwischen 10 und 16 hatte wirklich jeder eine Zahnspange in meinem Freundeskreis, ja, jeder und überall: im Bus, im Zoo, auf Geburtstagen, in der Schule. Diese Zahnspangen-Exemplare gab es in dezenter Form zum Rausnehmen, in festem Zustand, als sogenannte Schneeketten, gerne auch mit Überrollbügel außen am Kinn entlang und irgendwann als Gummibeißring zur Nachbehandlung.

In den 80ern fingen die fetten Jahre der Kieferorthopäden an.
Ich hatte keine. Niemand hielt es für nötig. Irgendwie fiel ich durchs Raster, oder man dachte, die Fehlstellung meiner unteren Schneidezähne würde sich schon irgendwie rauswachsen.
Tat es aber nicht.
Meinen ersten Anlauf, meine Zahnstellung zu optimieren, unternahm ich mit Mitte 20. Der Vorschlag des ambitionierten Kieferorthopäden war jedoch ernüchternd. Ein Schneidezahn raus und alles in die Mitte verschieben.

Sehr schön, aber ohne mich.
Übrigens auch ohne meinen Zahnarzt, der diese Lösung als persönlichen Affront ansah und wütend meinte, er würde keine Patienten mehr dort hinsenden.
Die Zeit war kein guter Verbündeter und die Zähne im Unterkiefer fingen nach einigen Jahren gelangweilt an, mit den Zähnen im Oberkiefer zu kommunizieren, aber auf keine ästhetische Weise. Sie hämmerten von unten an die oberen Schneidezähne, die daraufhin ihre Position verließen.
Ich wollte nicht aussehen wie Freddie Mercury, also entschloss ich mich, mir erneut einen qualifizierten Rat einzuholen.
Gesagt, getan, 2,5 Monate später saß ich im Behandlungsstuhl einer supermodernen Zahnarztpraxis und wartete auf meine durchsichtigen Zahnschienen, die ich nun im wöchentlichen Wechsel für die nächsten 1 bis 1,5 Jahre tragen würde.

Mit einer gewissen Naivität beseelt, wartete ich völlig unvorbereitet auf die Dinge, die da kommen sollten. Kieferorthopäden haben etwas Robustes, Kieferorthopädinnen auch. Mir war nicht klar wie weit sich mein Mund öffnen ließ, zugegebener Massen unter Zuhilfenahme irgendwelches fiesen Equipments. Ich dachte wirklich mir reißen und platzen jede Sekunde die Lippen komplett auf.
8 Attachments später, und nach irgendwelchen Schleifmaßnahmen und Polituren, ging ich mit einem Tütchen weitere einzuwechselnder Schienen für die nächsten 3 Wochen aus der Praxis heraus.
Ich saß im Auto, schaute mich im Rückspiegel an und machte Sprachübungen. Mein Mund sah komisch aus und meine Lippen verfingen sich an den Attachments. In meinem Kopf ratterten alle Hinweise, die ich kurz zuvor, etwas gedämpft durch den Mundschutz, von meiner Kieferorthopädin bekommen hatte. Nur kaltes Wasser trinken, für alles andere und fürs Essen mussten die Schienen raus. Aber nur 2h am Tag. Aufpassen mit Rotwein, Kaffee und Tee, die könnten die Attachments verfärben. 130 x Zähneputzen am Tag, mit Zahnseide.
Tag eins von ca. 500 Tagen lief nicht so gut.
Tag 2 wurde nicht besser. Ich lispelte und in meinem Mund sammelten sich riesige Spuckeseen. Alles drückte irgendwie, und ich hatte einen Entenschnabel. Beim Sprechen verformte sich mein Mund, als hätte ich sie nicht alle und wäre Daisy Ducks kleine Schwester.
Meine Mundschleimhäute waren überreizt und taten weh, da sich die Schiene und die Attachments von innen daran rieben. Ich hatte Schmerzen.
Das größte Problem jedoch war das Herausnehmen der Schienen. Es ging einfach nicht. Ich habe sie nicht rausbekommen und war kurz vorm Ausflippen und irgendwann kurz vorm Nervenzusammenbruch. Ich heulte. Eine Schiene hatte ich schon umgeknickt, und diese scharfe Kante piekte meine Zunge und mein Zahnfleisch. Ich heulte noch mehr. Der Mann tröstete mich.
Es lebe das Internet. Der Mann suchte mir Seiten von Mitstreiterinnen heraus, die eine Art Internet-Tagebuch führten, und dort jedes meiner Probleme genau beschrieben und mir damit Mut machten. Somit zückte ich eine Nagelschere und gemeinsam mit dem Mann operierten wir meine lädierte Schiene.
Heute ist Tag 14. Ich lispele nicht mehr, habe eine eigene Technik entdeckt, wie ich in kurzer Zeit einen Schienenwechsel, ohne mir das Make-up zu versauen oder den Lippenstift komplett im Gesicht zu verteilen, händeln kann.
Mein Mund sieht wieder recht normal aus und hat den Schnabel verabschiedet, das Lispeln hat auch nachgelassen.
Menschen in meiner Umgebung fällt meine Zahnkorrektur nicht auf. Die Kinder, alle auch mit großem eigenen Zahnspangenerfahrungsschatz ( der Mann sagt immer wir hätten die letzten Urlaube, das Boot und die Autos des Kinderkieferorthopäden mitfinanziert), haben mich getröstet und mir Mut gemacht, und die sollten es genau wissen, hatte sie doch dicke Brackets auf ihren Zähnen.
Alles wird gut, spätestens in 486 Tagen.

Ein Gutes hat das Ganze, ich habe schon 1,5 Kilo abgenommen…

Ihr Fräulein Lindemann.

 

Abrechnung.

Es ist mal wieder soweit. Das alte Jahr geht und das neue klopft an.
Es ist nicht zu überhören und auch nicht zu übersehen, überall schreit uns 2019 schon in großen Buchstaben nur so an: So bekommen Sie Ihre Traumfigur 2019. Das bringen die Sterne 2019. Wohntrends und Fashion-News für 2019. Und, und, und.
Der Bäcker verkauft kleine Marzipanschweine und der Blumenladen vierblättrige Kleeblätter mit Schornsteinfegern aus Pfeifenreinigern, und im Supermarkt sind die Böller und Raketen schon fast ausverkauft, genauso wie die Sekt- und Champagnervorräte.
Gedanklich sind wir allemal schon über Silvester hinaus. Wie jedes Jahr. Alles wird toller, bunter und irgendwie besser. Schnell ins neue Jahr, die magische Grenze überschreiten und…ein neues tolles Leben beginnt.
Was genau soll denn besser werden, und warum kramen wir immer nur am Jahresende nach unseren guten Vorsätzen? Wo sind die das ganze Jahr über?
Was war mit 2018 denn nicht in Ordnung? Klar, wenn ich zurückschaue, (ehrlich gesagt fällt mir das gar nicht so leicht mir das Jahr gedanklich zurück zu holen) gibt es schon kleine Holperigkeiten, oder auch mal mittlere, aber die bestimmen doch das Leben, und man wächst im Idealfall daran.

Was hat mir 2018 gebracht? Was hat es genommen?

Nein, niemand ist gestorben, allerdings ist es ein Jahr gewesen, in dem es nicht jeder, mit dem ich mich zuvor eng verbunden fühlte, in der gleichen Intensität in das neue Jahr schafft. Menschen, die mir nahe waren sind es nicht mehr. Warum? Weil ich nicht wie erwartet funktioniere, und Egoismus am Ende doch nicht Gruppenkompatibel ist.
Es ist manchmal verhext mit den Erwartungen und dem Erfüllen dieser.
Aber ich bin es leid. Leid, Gedanken zu lesen und Menschen da abzuholen wo sie sich gerade befinden, unabhängig von meiner eigenen Position. Ich will Dinge nicht verstehen, die nicht rational zu verstehen sind, und ich will keine Rücksicht nehmen auf unausgesprochene Dinge, von denen ich nichts weiß.

Wie jedes Jahr hat auch 2018 ein neues Kilo in die Kilofamilie gebracht. Und wo wir gerade bei Familie sind, ich habe 2018 eine Cousine wiedergefunden. Wir haben uns bestimmt 40 Jahre, ach quatsch, geht ja gar nicht…, sagen wir mal 25-30 Jahre, nicht gesehen.
Egal. Unsere Väter waren Brüder und wir haben die gleichen Großeltern. Gleiches Blut, gleicher Mädchenname und eine Liebe füreinander, obwohl wir uns nicht kennen. 2019 werden wir uns kennen lernen.
Nein, kein Vorsatz, sondern ganz einfach eine Tatsache.

Wie steht es also nun um 2019?

Freuen wir uns auf neue, tiefere Begegnungen, schauen wir doch auch manchmal etwas über den Tellerrand hinaus. Lasst und Verantwortung für uns selbst und unsere Umwelt übernehmen, jeden einzelnen Tag und nicht nur am Anfang des Jahres.
Haltung zu beweisen und eine Meinung zu haben, die auch nach außen zu äußern, persönlich und politisch.
Wir sollten uns, aber vor allem alles andere nicht zu wichtig nehmen, und wir sollten gesund bleiben und uns an den Menschen, die wir lieben und von denen wir geliebt werden, erfreuen.

Wir sollten versöhnlich sein, mit dem alten Jahr und mit dem, das noch vor uns liegt.

Wie sang schon Udo Lindenberg:
Hinterm Horizont geht´s weiter…!

Auf ein spannendes neues Jahr!

Ihr Fräulein Lindemann

 

Zicke.

Es gibt diese besonderen Menschen, die, die einen Raum betreten und alles erstrahlt plötzlich.
Alles funkelt, und man ist gefangen von diesem Glanz. Diese Menschen sind einehmend, die Welt steht kurz still, und dann dreht sie sich ein ganz klein wenig schneller.
Alle wollen in der Nähe dieser Menschen sein, sich in ihrer Umgebung aufhalten, mit ihnen sprechen, sie heimlich bewundern und anhimmeln.
Sie kennen diese wunderbaren Menschen doch auch, oder?
Die, die alle verzaubern.
Ich schon und eines steht fest, ich gehöre ganz sicher nicht dazu.
Gar nicht.
Ich bin leider keiner dieser Sympathieträger, dieser freundlichen, einnehmenden Menschen, die alle anderen auf den ersten Blick in ihren Bann ziehen und die sofort gemocht werden.
Vielleicht liegt es manchmal an meiner etwas direkteren Art, die mich ohne viel Tamtam und Chichi auf den Punkt kommen lässt.

So wie neulich, als ich im L´ Occitane en Provence- Laden meines Vertrauens 15 Weihnachtsdöschen für die Mitarbeiter des Mannes gekauft habe. Die Verkäuferin war das Gegenteil von sprudelnder Fröhlichkeit, und nach dem ich den gesamten Vorrat ihrer Weihnachtsdosen haben wollte, schien sie nicht erfreut darüber zu sein. Ach ja, bei der Anzahl schwankte ich anfänglich und musste während ihres Verkaufsgesprächs mit mir noch einmal kurz mit dem Mann Rücksprache halten, nur um ganz sicher zu sein. Irgendwie nervte ich sie, und ich fand sie doof.

Vier Tage später schob ich die Papiertüte mit samt dem erworbenen Inhalt in meinem Arbeitszimmer von links nach rechts, und als super Kontroletti, der ich manchmal bin, dachte ich, es wäre gut den Inhalt doch noch einmal zu überprüfen und genau nachzuzählen.
Es waren nur 13 Dosen enthalten!
Ich war empört. Bis 15 zu zählen ist ja nun nicht so schwierig. Zum 15 abkassieren hatte es ja auch gereicht. Ich überprüfte den Kassenbon noch einmal, nur um ganz sicher zu gehen.
Der Mann fand das Fehlen 2er seiner Mitarbeiterpräsente auch doof, nur dachte er sich, wer sich fehlerhafte bzw. nicht existente Ware andrehen lässt, hat sich auch um den Nachschub zu kümmern.
Ich fuhr also wieder zurück in die Stadt, parkte in zweiter Reihe und betrat eilig den Laden.
Eine junge Frau, auf einer Leiter stehend und Regale auffüllend, fragte mich, ob sie mir helfen könnte. Ich war ja in Eile und ohne Umschweife hielt ich ihr den Kassenbon unter die Nase und teilte ihr mit, dass 2 fehlen würden.
Sie schaute mich schafsähnlich an und murmelte etwas wie: da kann ich jetzt gar nichts machen, das kann ich nicht entscheiden.
Ich traute meinen Ohren nicht und schaute sie fragend an: wer dann?
Mein Gesichtsausdruck ließ sie in den Mitarbeiterbereich fliehen, um dann doch eine Kollegin zu fragen. Sie kam zurück.
Da müsste ich am nächsten Tag noch einmal wiederkommen, da die Kollegin, die mich bediente und abkassiert hatte, erst wieder am Folgetag da wäre. Sie hielt Abstand.
Ich schaute sie stirnrunzelnd an und fragte, was das ändern würde? Wie das so grundsätzlich mit der Kulanz sei, und dass ich sicher kein zweites Mal in die Innenstadt fahren würde, nur weil hier jemand zu doof wäre, richtig zu zählen.
Kaum ausgesprochen dachte ich mir, dass `doof` wohl nicht das passende Wort war, um die Zählkünste der Kollegin und Storemanagerin zu umschreiben.
Die zweite Mitarbeiterin verdrehte die Augen. Das wiederum fand ich auch nicht passend. Wir diskutierten wein wenig, dass es nicht nett sei wie ich über ihre Kollegin sprach, und ich musste gestehen, dass sie Recht hatte und entschuldigte mich, was aber nichts am Fehlen meiner beiden Dosen änderte, und der Umgang damit.
Kulanz hin oder her, ich brauchte 2 neue Döschen, aber wie sollte es anders sein, es gab nur noch eine. Die andere könnte ich sicher in der anderen Filiale bekommen, sprach Nummer 1. Es brodelte wieder.
Mitarbeiterin 2 fand dann doch noch eine leere Dose in der Dekoration und befüllte sie.
Ich kramte nach meinem Geld und schimpfte vor mich hin, dass ich nie wieder käme, was vermutlich hier niemand wirklich interessierte, …oder beide Damen wahrscheinlich nur still vor sich hin dachten: ja, bitte, …komm nie mehr her.
Mitarbeiterin 2 kam mit 2 Dosen aus dem hinteren Bereich zurück, aber wollte mein Geld plötzlich nicht, und ich war nicht sicher, ob ihr kleines Extrageschenk wollte.
Wir schmollten beide. Entschieden dann aber im Frieden auseinander zu gehen. Musste ich so zickig sein? Ich dachte nach an welchem Punkt ich aus dieser Diskussion friedlich aussteigen hätte können. Meine Mutter sagte immer, wie es in den Wald rein ruft, so schallt es auch heraus. Hier wäre nur zu klären, wer zuerst gerufen hat.
Ich werde versuchen sanfter zu werden.
Gestern im EDEKA beim Käsestand wollte ich Gouda kaufen. Frico oder Beemster? Fragte die Käsefachverkäuferin.
Egal, sagte ich, und sie zeigte mir beide. Gut, nehme ich den Beemster. Mit meinen Käsescheiben in der Hand stehe ich noch eine Sekunde zu lang an der Käsetheke und schaue auf die Angebotstafel: Frico im Angebot, 100g für 49 Cent. Ich schaute auf den Käse in meiner Hand: Kg 12,60 €.
Ich schwieg. Und ich ging zur Kasse, und ich habe einen neuen rosa Hintergrund auf meinem IPhone auf dem steht: kill them with kindness.

Ihr Fräulein Lindemann

 

Essen.

Essen macht Spaß. Essen ist sinnlich.
Gemeinsam zu essen sozialisiert und ist ein wichtiger Bestandteil des Zusammenlebens.
In der letzten Zeit dreht sich alles ums Essen, oder genauer gesagt darum, was Menschen nicht mehr essen wollen oder gar dürfen.
So sehr wie in den letzten Jahren haben sich Menschen noch nie mit ihrer Nahrung auseinandergesetzt, und jeder weiß es am besten: Da gibt es die, die plötzlich Kuhmilch verteufeln und ihre Familie mit Sojamilch, sorry, Sojadrink, füllen, um irgendwann festzustellen, dass sie eigentlich nicht gut auf Soja reagieren. Es gibt die, die tatsächlich Probleme mit Lactose haben, und plötzlich nur noch Reis-, Hafer- oder Mandeldrinks trinken dürfen.
Plötzlich sind auch alle vegan. Wissen Sie, was noch übrigbleibt, wenn man sich für vegan zu essen entscheidet?
Wenig. Wirklich, sehr wenig.
Kein Fleisch, keine Milchprodukte, kein Honig, nur Rohkost, Soja und Brot, natürlich nur, wenn kein Molkepulver beim Backen verwendet wurde.
Derzeit fahren alle auf Avocados ab, aber Obacht: Kürzlich habe ich gelesen, dass Avocados, ganz genau genommen, nicht vegan sind. Die große Nachfrage durch den plötzlichen Hype um die kleinen grünen Dinger, kann einfach nicht bedient werden, also werden Bienenvölker zum Bestäuben von a nach b gebracht um die Erträge zu gewährleisten.
Tiere im Spiel- Veganismus futsch.
Die meisten Veganer sind eh inkonsequent, denn wolle man dieser Philosophie wirklich folgen, wäre es auch vorbei mit Ledertaschen, Gürteln, Schuhen, Möbeln und eigentlich auch mit dem Auto.
Denn das vegane Auto existiert noch nicht.
Mit dem Essen ist es eh kompliziert. Neben vegan gibt es zur Zeit ungefähr 1.000 andere Trends. In unserem Freundeskreis gibt es ein interessantes Potpourri aller derzeitigen Essgewohnheiten.
Da wird konsequent auf Zucker verzichtet, oder nach 18 Uhr nichts mehr gegessen, oder an 2 Tagen in der Woche werden nur noch 500 Kilokalorien zu sich genommen.
Intervallfasten haben wir auch versucht, allerdings 16-8, denn der Mann und ich mussten mit großem Erstaunen feststellen, dass unsere Körper etwas zu sommerverwöhnt aussehen. Damit meine ich, man erkennt unser Sommerprogram mit Grillabenden, dem dazugehörigen Bier, den Weißwein und die vielen Einladungen und Restaurantbesuche.
Das geht natürlich nicht! Intervallfasten allerdings auch nicht, also man sieht nach 2 Wochen nicht wirklich etwas, und das trotz zusätzlicher diverser Sporteinlagen am Rudergerät.
Der Mann hat etwas Neues entdeckt: low carb-high fat.
Klingt komisch? Ja.
Ich fragte nur ob das jetzt heißt, ich esse meine Currywurst mit Fritten rot weiß zukünftig ohne Fritten?
Nun ja, gesagt getan: im Internet nach Rezepten geschaut, das 579ste Kochbuch erworben, und los in den Supermarkt zum Einkaufen.
Irgendwie haben wir das Kleingedruckte nicht so recht gelesen, denn natürlich sind auch in Obst und Gemüse so das ein oder andere Kohlenhydrat enthalten, auch gemeiner Weise im Salat, und wenn sich die Gesamtmenge am Tag nur auf 50g der kleinen Kohlenhydrate belaufen darf, kann so ein Apfel oder ein Salatblatt zwischendurch schon mal die Kohlenhydratbilanz kippen.
Ich glaube auch, dass man nicht unendlich viel von allem eigentlich Erlaubten essen sollte, oder darf. So allerdings interpretiert der Mann diese Form der neuen Essgewohnheit.
Wenn man sich für ein neues Auto interessiert, das man vielleicht kaufen möchte, sieht man in den nächsten Wochen in der Stadt, auf der Autobahn und im Parkhaus plötzlich zig genau dieser Autos.
Das ist verwunderlich, kennt aber jeder.
Mit dem Verzicht auf Kohlenhydrate, und dazu gehören genau genommen auch Zucker und, mein lieber Mann, auch Bier, auch wenn es nicht expliziert erwähnt wird (also nirgends steht: Sie dürfen keinen Zucker essen! Die Sache mit dem Bier steht da schon), verhält es sich wie mit den Autos.

Wenn ich über Nahrungsumstellungen lese, kommt da auch immer dieser klugscheißerische Abschnitt, dass der „Jieper“ auf Süßes verschwindet, und man gar keine Lust mehr auf Brot, Kuchen und Co hat.
Glauben Sie mir, das ist gelogen.
Mein Körper sieht das nämlich ganz anders. Und erst recht in Stresssituationen verlangt er nach Altbewährtem. Gestern hatte ich eine wirklich lange und heftige 2,5 Stündige Telefonkonferenz mit großem Informationsaustausch, starkem Arbeitsaufwand und vielen Projekten am Ende des Gesprächs auf meiner Seite der Leitung.
Ich war bedient.
Wie hypnotisiert bin ich dann zum Kühlschrank gegangen und habe mich mit Dominosteinen belohnt. Ja, plural.
Einer hilft da nicht. Drei auch nicht. Und selbst das Käsebrot und die Peperoni-Chips im Anschluss, um diesen fiesen süßen Geschmack zu entfernen, lösten das Problem nur bedingt.
Vermutlich hat mich diese Attacke die Kohlenhydrate-Tagesrationen der kommenden 3 Wochen gekostet, vielleicht aber auch nicht.

Heute Morgen auf der Waage hatte ich 200g weniger, ich freue mich schon auf die kommende Lebkuchen- und Printenzeit.

Ihr Fräulein Lindemann.