Warten.

Wenn ich mir über eins sicher sein kann, dann ist es, dass ich mit 100%er Wahrscheinlich im Supermarkt meines Vertrauens an der falschen, also an der langsamen Schlange, anstehe.

Auch wenn alles ganz optimistisch aussieht, kommt entweder die Oma, die erst minutenlang ihr passendes Kleingeld sucht und dann irgendwann der schon etwas angenervten Kassiererin den gesamten Inhalt, und damit die Hartgeldsammlung der letzten 15 Monate, auf das Verkaufsband kippt und mit unschuldiger Miene sagt: Fräulein, schauen Sie doch mal. Oder aber, es ist irgendein Produkt nicht vernünftig ausgezeichnet oder hinterlegt worden, und die Dame von der Kasse verschwindet für Stunden. Gerne wird auch in meiner Schlange vergessen, das Obst oder Gemüse im Vorhinein zu wiegen.

Das passiert mir genauso im Kino, vor der Autowaschanlage oder auch gerne im Stau. Ich bin da, wo es nicht weiter geht.

Wenn ich mit dem Mann im Auto fahre und im Stau stehe, gibt es gute Ratschläge für mich, und er berät mir ganz genau wie ich wie eine Irre alle 2-3 Autolängen versuchen soll, die Spur zu wechseln, denn ich könnte ja 10 Sekunden Zeit herausschinden.
Die guten Ratschläge missfallen mir natürlich , aber ich kann mich schwer entscheiden was schwerer wiegt, der Mann, der sich als Besserwisser entpuppt und allen anderen Menschen in diesen Momenten das Autofahren, inklusive das Entscheidungen fällen, abspricht, oder die Ungeduld über das Warten.
Warten bestimmt unser Leben.

Es gibt ganze Zimmer und ganze Bereiche, eigens für das Waten gebaut.
Wie viel Zeit der Mensch wohl in seinem Leben damit vergeudet, weil man keinen Einfluss hat (oder nur sehr eingeschränkt). Warten kommt im Ranking bestimmt gleich hinter Arbeiten und Schlafen.
Manchmal muss man auch auf mich warten. Wie beim Laufen. Also ich meine beim Joggen, oder wie auch immer man meinen Zustand dann nennen kann, und wenn ich das gemeinsam mit dem Mann mache, gehört viel Geduld seinerseits dazu. Es gibt ganze Bücher über das warten. Godot kam nie.
Derzeit wird eine meiner größten Schwächen mit Warten herausgefordert. Ich bin eher ungeduldig, und abgesehen von den verschiedenen Schlangen, in denen ich mich regelmäßig wiederfinde, und mit deren Existenz ich mich abgefunden habe, gehöre ich eher der Gruppe, der stark ungeduldigen Menschen, an.
Als Kind fand ich Warten schon doof, und als ich halbwegs sicher war, dass die Weihnachtsgeschenke weder vom Weihnachtsmann noch vom Christkind gebracht wurden, habe ich mich auf die Suche nach den Geschenken begeben. Gut, ich habe nicht immer alles gefunden, und hier eine kleine Mitteilung an meine Mutter, auch nicht immer reingeschaut.

In meinem Job wird gerade umstrukturiert oder wie es bei uns so schön heißt, transformiert. Seit 3 Monaten weiß ich, dass es meinen Verantwortungsbereich in Zukunft nicht mehr geben wird. Der Zeitpunkt x rückt recht nahe und ist gefühlt nur noch Stunden entfernt. Seit über 2 Monaten habe ich ein neues Ziel, das aber aus innerbetrieblicher Gemächlichkeit einfach nicht näher, bzw. ganz ran rückt. Die ersten Wochen waren furchtbar, besonders für den Mann, denn ungeduldiges Warten verbündet sich wahnsinnig gerne mit ungerechtfertigtem Motzen, schlechter Laune und Nörgeleien.
Aber irgendwann fängt man sich, auch ohne Meditation und Yogaübungen.
Habe ich resigniert. Sicher nicht. Bin ich weise oder wohlmöglich geduldig geworden. Sehr unwahrscheinlich.
Ich bin einfach nur geizig geworden, geizig mit meinen Ressourcen, die ich auf keinen Fall durch Situationen aufbrauchen möchte, die ich eh nicht ändern kann.

Wohlmöglich doch etwas gelernt…

Ihr Fräulein Lindemann

 

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