Multitasking.

Frage an mein Gehirn: Bist du wirklich multitaskingfähig?
Man mag es manchmal glauben. Wir fahren Auto, gleichzeitig telefonieren wir und wir hören auf das Navigationssystem. (meistens)

Kürzlich musste ich zum Flughafen und habe auf der Autofahrt ausgiebigst mit einer Freundin telefoniert.
Es war nebelig, und es hat leicht genieselt. Irgendwann sah ich auf einem dieser blauen Schilder einen Ort, den ich so gar nicht kannte. Also natürlich kannte ich den schon irgendwie, allerdings nicht auf dem Weg zum Flughafen, den ich doch in einer wiederkehrenden Regelmäßigkeit anfahre und dessen Ausfahrten und Schilder ich zur Genüge kannte.
Also runter von der Autobahn, Richtung wechseln, und zurück. Ich war 32 km von meinem Ziel entfernt und mein Zeitpuffer schon etwas ausgereizt. Das Telefonat beendete ich selbstverständlich nicht- ich bin ja multitaskingfähig.
Der Gedanke war noch nicht ganz gedacht, da: Zack! Ein kurzes rotes Licht, und ich wurde zur Belohnung geblitzt.
Telefonieren und Geschwindigkeitsschilder beachten, ist scheinbar auch eine kleine Challenge, zumindest unter Zeitdruck.
Dafür kann ich mich während des Autofahrens schminken- genauer, während ich Auto fahre. Das habe ich mir schon früh angeeignet, morgens 5-7 Minuten im Bad einzusparen kann lebensnotwendig sein.

Es gibt eine neue Studie, die besagt, dass Multitasking nicht möglich ist, aber darin schneiden Frauen jedoch besser ab als Männer. Heißt das jetzt, Frauen sind es nicht, … und Männer doppelt nicht?
Der Mann sagt immer, er beherrsche es, Dinge gleichzeitig zu tun, beispielsweise neben mir auf dem Sofa zu sitzen, TV zu schauen… und schnarchend zu schlafen.
Hinterfrage ich das, bekomme ich nur ein müdes Lächeln und das vehemente Abstreiten, dass Schnarchen etwas mit Schlafen zu tun haben könnte. Er behauptet ganz fest, er hätte alle Einzelheiten unseres Films genau verfolgt.
Zwei Sekunden später fragt er entweder ganz verwundert, wer die unterschiedlichsten Figuren in unserem Film seien, oder er vertreibt wieder lautstark sich anschleichende Bären und Wölfe.

Warum meinen wir immer, alles zur gleichen Zeit machen zu müssen, und warum entscheiden wir uns nicht, einfach nur um Qualität rein zu bringen, oder unserem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit entgegen zu bringen.
Wollen wir Zeit sparen? Nichts verpassen?
Oder sind uns die Dinge so wenig wert, so dass wir sie halbherzig und ohne Leidenschaft hinter uns bringen. Nun gut, über Leidenschaft beim TV-Schauen müssen wir uns nicht unterhalten, aber diese Form des sich Teilens und Nichtgerechtwerdens ist schon echter Stress und manchmal mit doppeltem oder dreifachem Aufwand verbunden.

Anfang der Woche war ich in London, und um in das Meetinghotel zu gelangen, musste ich den Terminal wechseln. Eigentlich keine große Sache, nur lange Wege zu bewältigen.
Da ich mich aber mit meinem Köfferchen in der Hand und diversen Taschen unterm Arm während des Gehens langweilte, musste ich Emails während des Laufens checken, und dann auch noch telefonieren.
Kein Problem für mich, ich schwamm einfach mit der Masse mit.
Irgendwann nahm die Menge jedoch Fahrt auf- ich auch – um den sich gerade im Abfahren begriffenen Zug noch zu erreichen.
Ich war dabei, selbstverständlich.
Auf meinem Platz sitzend, verstaute ich mein Handy und schaute dem Schaffner entgegen, der nun auf mich zu kam und nach meinem Ticket fragte.
Ich erklärte ihm, dass ich ja nur den Terminalwechsel und daher natürlich kein Ticket habe. Er erklärte mir, dass wir auf dem Weg nach „Paddington“ seien und an keinem Terminal mehr vorbeikämen.
Ich schaute ihn mit großen Augen an. So ein Mist!
Er erklärte mir, das würde immer mal passieren, und er schrieb mir einen Zettel für den Zug zurück, so dass ich dort auch kein Ticket vorzeigen müsste. In „Paddington Station“ angekommen, begleitete mich Ian (ja, neuen Freund gefunden) zum richtigen Zug.
Entweder dachte er, ich könnte es wieder vermasseln, oder ich sei eine clevere Lügnerin, die sich eine Freifahrt mit dem Heathrow Express erschummeln wollte.
Ich wollte nicht schummeln, ich war nur nicht in der Lage verschiedenen Dingen gleichermaßen meine Aufmerksamkeit zu schenken.

Ich werde mir jetzt ein Gals Wein einschenken, und dazu einen kleinen Snack essen, ich werde die Füße hochlegen und Musik hören.

Scheiß auf die Studie, ich bin sicher ich schaffe das…

Ihr Fräulein Lindemann

 

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