Seit je her tanzen die Menschen.
Tanzen ist ein Ausdruck der Freude, nun gut, es kann auch ein Ausdruck von Kriegsbereitschaft, so wie bei den Sioux, sein, oder einfach nur der simple Wunsch nach Regen.
Tanzen kann anmutig sein, wild, ausgelassen und befreiend. Man kann alleine tanzen, zu zweit oder in der Gruppe.
Paartanz reduziert das Demenzrisiko. Das sagt zumindest eine Studie.
Tanzen hält das Gehirn fit und deutsche Forscher haben untersucht, ob das Erlernen komplexer Tanzschritte, und die damit verbundene geistige Herausforderung, Menschen hilft, geistig fit zu bleiben.
Tanzen hat etwas mit Gefühl und mit Rhythmus zu tun.
Meistens jedenfalls.
Der Mann und ich haben gerade einen Tanzkurs begonnen.
Zum einen, um uns auf eine anstehende Hochzeit vorzubereiten, um der Demenz entgegen zu wirken, und weil wir es zusammen mit dem Brautpaar machen, die genau wie wir manchmal etwas zusammen tanzen können, allerdings nicht immer, und nicht zu allem.
So ein Tanzkurs für Anfänger hat schon einen speziellen Unterhaltungswert.
Erst einmal standen wir in diesem riesigen Tanzsaal mit ungefähr 10 anderen Paaren, die unterschiedlicher nicht hätten sein könnten, und die den Querschnitt der Kölner Bevölkerung recht gut repräsentierten.
Die Luft war noch stickig und fast ganz weggeatmet, mit leichter Schweißnote versehen, vom vorherigen Kurs.
Der Tanzlehrer kam mit seiner Kursassistentin und klärte uns erst einmal auf unterhaltsame Weise auf, wer denn so beim Tanzen führe.
Dies tat er mit Nachdruck, so dass egal welche Richtung eingeschlagen würde, oder was auch immer geschehe, es an der Tatsache, dass der Mann führt, nichts zu rütteln gäbe.
Ich bin mir da ja nicht so sicher und denke, dass ein hilfreicher kleiner Ratschlag hier und da noch keinem geschadet hat.
Der Mann sieht das nicht so.
Unsere Mitstreiter waren sich da auch nicht ganz einig. Thomas, bestimmt 1,90 groß, machte Schritte von mindestens 90 cm mit seinen 5 m langen Beinen, das sah weder anmutig aus, noch grazil, noch schaffte Birgit es, mitzuhalten. Sie machte Schritte, die eher an einen Spagat erinnerten als an einen Tanz. Noch dazu fehlte jede Geschmeidigkeit, jegliches Gefühl für die Musik oder hatte Ähnlichkeit mit sanften oder geschmeidigen Bewegungen, alles war eckig und staksig.
Familie Herkenhoff (Ende 60) entschied sich für die Hüpfvariante, und sie hopsten wie ein Flummi durch den Saal. Das sah lustig aus, und der Mann und ich waren ein wenig amüsiert, wenn wir nicht gerade diskutierten.
Das Schuhwerk der einzelnen Paare ging über High-Heels bis hin zu Sneakers. Keine Ahnung warum man Turnschuhe zum Tanzen anzieht.
Ich kann sagen, dass der Wiener Walzer nicht so meins ist. Der Mann hat so Gas gegeben und uns herumgewirbelt wie ein Zyklon, dass ich dachte ich müsste quer über das Parkett erbrechen. Er sah auch nicht top fit aus dabei, und wir mussten uns ein wenig gegenseitig stützen.
Mit unserer Kommunikation und unseren Zeichen (auf den Rücken tippen, auf die Schulter drücken oder einfach nur schnell rüber zischen: noch mal) sind wir uns auch noch nicht ganz einig, dass bedeutet, dass immer nur einer von uns genau weiß, ob sich der andere noch ein paar Mal mehr drehen sollte, oder wir ein paar Schritte weiter nach hinten gehen, als vorher angedacht.
Zwischenzeitlich schiebt sich auch gerne mal sein rechter oder linker Fuß unter einen meiner Füße. Da kann ich gar nichts für.
Tanzen bringt Spass, man lernt sich kennen, man muss sich fallen lassen, und das Zepter abgeben.
Tanzen ist eine Herausforderung- körperlich und für die Beziehung zueinander. Tanzen ist sinnlich, man lässt sich ein, auf den anderen und auf die Sache.
Am Sonntag geht es wieder los und vielleicht darf ich ja doch auch mal ein klitzekleines Bisschen den Takt vorgeben, dann, wenn der Tanzlehrer nicht schaut und der Mann einen schwachen Moment hat.
Ihr Fräulein Lindemann.