Sport.

Ist Sport Mord?
Nein, soweit würde ich nicht gehen, aber: Sport ist gefährlich.
Zumindest für manche mehr als für andere, und ich gehöre wohl in die Gruppe der „manche“.
Alles fing harmlos an als der Mann und ich irgendwo in der Nähe von Kitzbühel ankamen, unser Zimmer bezogen und frohen Mutes zum Skiverleih stapften. Die Schuhe saßen perfekt, nichts drückte und ich möchte fast sagen, sie waren bequem. Das 5-Gänge Menü am Abend und der fantastische Österreichische Rotwein hoben die Stimmung um weitere Level, ebenso die Besichtigung der 600m² großen Spa-Anlage. Die Voraussetzungen für einen tollen Skiurlaub waren nicht zu toppen, und freudestrahlend sahen der Mann und ich uns an und waren bester Laune.
Tag 1 fing vielversprechend an. Ich passte noch in meine Jetski-Hose, wenn gleich sie sich nicht mehr so leicht schließen ließ wie in meiner Erinnerung (lag vermutlich nur an der neuen Skiunterwäsche) und beim Bücken drückte sich der Bund auch etwas fester als erwartet in meinen Bauch.
Nun ja, auf zum Gipfel.
Nur mit Stöcken bewaffnet, da der Mann meine Skier trug, machten wir uns auf zur Gondel. Ja, Skier passen nur in eine Richtung in die vorgesehenen Abteile für Skier, und es ist hilfreich, sie richtig herum dort hinein zu stecken. Erste Lektion.
Oben endlich angekommen fuhren wir langsam los. Alles klappte gut. Leider konnte ich weder mit Sonnen- noch mit Skibrille vernünftig sehen, sodass es ohne gehen musste. Es ging auch alles, zwar recht wackelig, da wir hier nicht vergessen dürfen, dass dies mein 3. Urlaub war, abgesehen von 2-3 einzelnen Skitagen in den letzten 10 Jahren, und ich nicht wie der Mann und die mitreisenden Freunde auf diesen schlüpfrigen Brettern aufgewachsen bin.
Irgendwann ließ meine Kraft nach und das, gepaart mit mehr Speed und mieser Balance, ist keine ideale Kombi. Ich flog. 1x, 2x, 3x und auch ein viertes und fünftes Mal. Gerne auch auf die selbe Körperregion, was irgendwann Tränchen der Wut und des Schmerzes zur Folge hatte. Der Helmpflicht bin ich dankbar, sonst hätte ich sicher eine fette Beule gehabt, als ich nach einer halben Drehung mit seitlichem Überschlag, kurz, aber schwungvoll, mit dem Hinterkopf auf den leicht angefrorenen Schnee stieß. Ich war hart im Nehmen und es ging weiter.
Ich war froh, dass der Mann immer hinter mir fuhr, sonst hätte mich vielleicht keiner gefunden, als ich kopfüber mit ordentlich Geschwindigkeit und nicht fähig meine Beine zum Bremsen zu bewegen, über einen Schnellwall fuhr. Weg von der Piste. Gut, dass es nicht bergab ging.
Jetzt waren meine Kräfte völlig entschwunden und ich entschied, so lange noch alle Körperteile an Ort und Stelle waren, mit Mann und Freunden einzukehren und besser die Gondel nach unten zu nehmen.
Auch ausgiebiges saunieren und heißes Duschen half nicht, meine blauen Flecke in Schach zu halten und den Musekelkater abzuschwächen. Das sollte ich aber am nächsten Tag noch viel besser beurteilen können. Tag 2 war schnee- und regenreich und kein Bergwetter. Juhuu, jemand hatte mich erhört. Ich hatte auch genug ohne Skier unter den Füßen mit mir zu tun. Mich zu bewegen ging fast nicht mehr, und die Vorstellung, in die Skischuhe zu steigen und wieder raus in den Schnee zu müssen, brachte eine leichte Panikattacke hervor.
Tag 3, und ich war hochmotiviert. Gelernt aus Tag 1 buchte ich einen Skilehrer, der mir Sicherheit und Verbesserung bringen sollte. Albert war ein Almöhi. Geschätzte 105, vielleicht auch erst 69 Jahre alt. Dieses Urgestein durfte man auf keinen Fall unterschätzen, denn Albert hatte es drauf und fuhr wie ein junger Gott, und er konnte prima erklären. Ich wurde sicherer, verstand plötzlich die Geheimnisse der Ski-Physik und verbrauchte meine Kraftreserven nicht unnötig. Sollten der Wintersport und ich doch Freunde werden?
Es sah kurz danach aus, als wir, die Hütte zum Einkehren schon in Sichtweite, die letzten 200 Meter fuhren. Herrlichster Sonnenschein, ich, nicht übermütig, sondern ganz konzentriert und der überraschend autauchende Schneehaufen, durch den ich fuhr, und in dem ich bedauerlicher Weise stecken blieb.
Steckengeblieben ist aber leider nur ein Bein mit Equipment, der Rest von mir wollte zur Hütte, was die Folge hatte, dass ich mit verdrehten Skiern einen Salto machte und mit riesigen Schmerzen im rechten Sprunggelenk landete.
Nach einer exklusiven Talfahrt im AKIA (Rettungsschlitten) und einer kurzen Sightseeingtour im Krankenwagen, einem 2,5 Stündigen Aufenthalt im Krankenhaus, lag ich die anschließenden Tage mit angeschlagenen Hüften, schmerzender Schulter, Muskelkater an den meisten Stellen meines Körpers, etlichen blauen Flecken und einem hochgelegten Gipsbein im Hotelzimmer, schlief, schaute Serien und las. Wenn der Mann da war, nervte ich ihn mit meinen Wünschen und wollte unterhalten werden.
Er sprach irgendwann davon, es mache ihm alles nichts aus und er möge es, wenn ich hilflos wäre. Kennen Sie Misery??
Eine nicht ganz so dramatische Erfahrung hatte ich mal beim Versuch zu surfen, die endetet jedoch nur mit einem geprellten, blauen Jochbein und einem fürchterlichen Kopfschmerz, verursacht durch den Segelmast, der durch vorheriges Abklären mit dem Surflehrer, auf gar keinen Fall irgendeine Gefahr darstellen konnte.
Fehlt mir die Balance, die Übung, bin ich unsportlich und sollte es einfach akzeptieren?
Wenn der Fuß in einigen Wochen wieder in Ordnung ist, melde ich mich beim Reiten an, denn das Glück der Erde, liegt ja bekanntlich auf dem Rücken der Pferde….
Aber ich werde sicherheitshalber mal einen guten Helm und eine Protektionsweste tragen.

Ihr Fräulein Lindemann

 

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