39.

Zahlen sind magisch und spielen seit jeher eine große Rolle im Leben einer Frau.

Wir wollen Einsen auf dem Zeugnis, fiebern dem 13. Lebensjahr entgegen, um endlich ein Teenager zu sein. Nicht, dass wir uns nicht eh schon so benehmen würden.

Mit 16 machen wir den Roller-oder Moped Führerschein oder trinken öffentlich ein Glas Bier, und mit 18 sind wir endlich vermeidlich erwachsen.

Wir halten uns an Geschwindigkeiten, und wir überschreiten sie auch.

Wir wissen genau in welchem Alter wir den ersten Jungen geküsst haben, und vielleicht kennen wir sogar noch unserer erste Telefonnummer ( 76917 und 1663- getrennte Eltern), denn im Zeitalter von Telefonzellen und Mobiltelefonen, so groß wie Kühlschränke und auch nur einem winzigen Personenkreis zugänglich, weil selten und unbezahlbar, haben wir uns gegenseitig, ganz altmodisch mit einem Wählscheibentelefon angerufen. Und hier hilft es schon ungemein, die eigene Rufnummer parat zu haben.

Zahlen sind wichtig. Immer und besonders, wenn es um uns geht. Die Anzahl der Schuhe und der Handtaschen im Schrank zum Beispiel, wo die Worte “zu wenig“ keine genaue Zahlenangabe sind, jedoch für jedermann verständlich und ja, auch irgendwie entfernt mit Zahlen zu tun habend. Das ist Frauenlogik und völlig plausibel.

Wir wiegen und wir messen uns. Wir schummeln auch, und wir schätzen. Ich schätze oft, …eine 36 könnte ausreichen und in Gedanken sitzt da auch alles völlig locker und lässig. Die Bekleidungsindustrie jedoch ist sich nicht immer einig mit meinen Maßen, somit tendiere ich manchmal auch zu einer 38.

Meine Füße sind flexibel, die haben das früh gelernt.

38 oder 38,5, manchmal auch 39 – je nach Schuh- Erhältlichkeit, da kann man auch schon manchmal mit einer Einlegesohle nachhelfen, wenn man stark in ein paar neue Schuhe verliebt ist. Macht das immer Sinn? Hmm…ich antworte mal nicht.

Meine Mutter ist das genaue Gegenteil. Erstens hat sie größere Füße, zu ihrem Leidwesen. An dieser Stelle habe ich eine Freundin, die hier schallend lachen würde, denn Größe 40, wären Puppenfüße in ihren Augen. Und zweitens findet meine Mutter, Größe 40 sei inakzeptabel.

Warum? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ein Größe- 40 -Trauma, oder sie ist als Kind für ihre Füße gehänselt oder versehentlich in die Herrenabteilung geschickt worden. Vielleicht denkt sie, sie könne bei einer Körpergröße um die 163 cm mit Größe 40 großen Füssen den Anschein von Bigfoot machen… Sie äußert sich nicht. Sie besteht nur auf Größe 39.

Wir wissen was Cinderellas Schwestern veranstaltet haben, um in den blöden Schuh zu passen…Meine Mutter könnte eine entfernte Cousine von denen sein.

Intressant nur ist, dieses Problem hat sich erst vor einiger Zeit offenbart.

Meine Mutter hatte mich mit ihrer besten Freundin besucht, und wir haben gemacht, was wir Frauen gerne machen. Ab in die Stadt und nach Schuhen schauen.

Dieses eine Paar Stiefel hatte es ihr angetan, allerdings sah ihr Fuß irgendwie gestaucht, gequetscht und den Schuh auf seltsame Weise komplett ausfüllend aus, so dass man sich nicht gewundert hätte, wenn Teile des Fußes oben aus dem Stiefelschaft heraus gequollen wären. Ein elegantes Abrollen war auch nicht so richtig möglich. Es sah einfach so aus wie es war: zu viel Fuß für einen Stiefel in Größe 39.

Aber nein, beste Freundin und ich irrten, ebenso wie die Verkäuferin, die fataler Weise sagte: den haben wir auch größer-kein Problem!

Doch ein Problem, denn der Schuh nahm in Sekundenschnelle an Attraktivität ab.

Meine Mutter war empört und antwortete schnippisch, dass größer nicht nötig sei da sie schon immer 39er Schuhe besäße und diese auch passen.

Irgendwann konnten beste Freundin und ich sie zu einem Versuch überreden, der 40 eine Chance zu geben. Wie durch ein Wunder passte der Stiefel. Aber nein, der hatte viel zu viel Luft an den Seiten und sah entsetzlich zu groß aus. Beste Freundin und ich schlugen vor, mit Edding einfach eine 39 auf den Schuhkarton zu malen. Dies wurde mit einem vernichtenden Blick abgestraft.

Die Diskussion anschliessend brachte wenig Erhellendes, denn die eigentliche Frage, was wichtiger sei, eine Zahl oder ein passender Schuh, wurde nicht wirklich abschließend beantwortet. Nun ja, irgendwie ja schon, denn meine Mutter hatte ja eine klare Meinung zu den Prioritäten.

Sie kaufte ihn natürlich nicht, aber ich kaufte ihn ihr, und sie versprach hoch und heilig ihn zu tragen. Beste Freundin und ich schauten uns verschwörerisch an, denn das würden wir überprüfen.

Ich werde damit ab morgen aufhören, mich jeden Morgen auf die Waage zu stellen, vielleicht reicht es auch alle 2 Tage. Ich werde Zahlen nicht mehr mein Leben bestimmen lassen, und wenn der Pulli in 40 einfach lässiger sitzt, ich atmen und essen kann, dann ist das wohl wichtiger.

Nehmen wir uns ein Beispiel an den Männern, die finden sich immer toll, egal wie groß, klein, dick oder dünn sie sind…

 

Bis nächste Woche.

Fräulein Lindemann

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.