Ich bin nicht emanzipiert, jedenfalls nicht emanzipierter als andere Frauen, die in den 70ern geboren wurden. (Ende der 70er, fast schon 90er…)
Meine Mutter hat immer gearbeitet, halbe Tage, stundenweise, aber es war immer klar, selbstverständlich muss sie arbeiten. Nicht um sich zu verwirklichen, oder weil sie es unglaublich toll fand, und weil sie sich zuhause mit Haus, Garten und 2 Kindern gelangweilt hat. Nein, das war eine rein wirtschaftliche Entscheidung.
Meine Omi hat auch immer gearbeitet, ich kann mich daran erinnern, dass sie noch mit über 60 in einer Grundschule geputzt hat. Sie hat mich mal mitgenommen, und dieser Geruch von Bohnerwachs ist immer noch in meiner Nase. Auch sie musste arbeiten, da sie sich in den 1940ern zusammen mit meinem Opa dafür entschieden hatte, sich ihre Rente im Vorfeld auszahlen zu lassen. Heute gibt es das nicht mehr, aus gutem Grund. Nun ja, das Geld war irgendwann weg…und mein Opa auch.
Ja vermutlich war meine Omi emanzipiert, sie trug Hosen, und hat 40 Jahre gut alleine gelebt und alles alleine geregelt, inklusive ihrer vielen Umzüge und das Großziehen ihrer 4 Töchter. Autofahren konnte sie nicht, aber sie wusste trotzdem alles ganz genau im Straßenverkehr, oftmals auch besser…
Allerdings hat sie auch alle weiblichen Attribute erfüllt. Sie konnte kochen, backen und stricken. Ist einmal die Woche zum „Putzer“ gegangen (Niedersächsisch= Friseur) und hat sich auch mit über 90 noch Frei Öl gegen die Falten ins Gesicht und Dekolleté gecremt.
Unser Problem ist nur, dass wir gerne mal Emanzipation mit Selbstständigkeit verwechseln und Alice Schwarzer ein Schimpfwort ist.
Ist das böse Wort Emanzipation, so wird es ja oft genutzt, und es hat immer auch einen negativen Beigeschmack, nicht einfach nur eine Entschuldigung der Männer, uns nicht mehr in den Mantel zu helfen oder uns wohlmöglich nicht mehr einzuladen? An dieser Stelle möchte ich kurz sagen, wir wollen nicht eingeladen werden, weil wir unsere Kohle sparen wollen, die wir vielleicht gerne in Schuhe und Handtaschen investieren würden, sondern, wir möchten eingeladen werden, weil wir es Euch wert sind.
Da wird man ohne Rücksicht im Flugzeug von hinten weggedrängelt, man kann sich abmühen beim Köfferchen hochheben um ihn im Gepäckfach zu verstauen. Da muss man nicht glauben, eine helfende Hand zu bekommen.
Gerne wird sich auch mit dem Handköfferchen vorgedrängelt und der Weg wird abgeschnitten, oder es wird abrupt gestoppt, so dass kürzlich eine Freundin tatsächlich auch zu Boden ging. Frauen passiert das nicht, da sie vorzugsweise 4- Rollen-Koffer haben, die eng am Körper geschoben werden, sogar einhändig. Jedoch für den Mann, egal ob Macho oder Memme, das auf gar keinen Fall infrage kommt.
Beobachten Sie das mal bei ihrem nächsten Flug, Männer ziehen selbst den 4-Rollen-Koffer hinter sich her als wäre es ein 2-Rollen Koffer.
Wo sind nur unsere Umgangsformen hin? Da wird mit Zahnstochern gesucht, mit Fingern ungeniert geprokelt und beim Gähnen ist die Hand vor dem Mund völlig überbewertet.
Ich bekomme jeden Morgen einen Kaffee ans Bett, dafür gibt es jeden Abend etwas Leckeres zu essen. (da ist der Mann unkompliziert, er mag auch Bütterchen oder einen Strammen Max).
Ich sauge und mähe den Rasen, der Mann auch.
Raten Sie mal was genau heute vor 40 Jahren war? Da wurde die „Emma“ geboren, mit einer Auflage von 300.000 Exemplaren.
Ihr Fräulein Lindemann