Wenn einer eine Reise tut… oder wenn mehrere eine Reise tun, wird es immer spannend. Unterschiedlichste Erwartungen und Interessen sind zu vereinigen.
Es sind Sommerferien, und wir haben beschlossen,mit den Kids und dem Auto Bella Italia zu bereisen. Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wie die Familien früher mit Sack und Pack und Kind und Kegel, und in einem VW Käfer verreisen konnten, nicht nur aufgrund der Platzverhältnisse, auch fehlende Klimaanlage und Radio hätten zumindest uns an den Rand der Verzweiflung gebracht, und fehlende Ladekabel für Teenagermobiltelefone, hätten die Stimmung komplett gekippt. Ach ja, Mobiltelefone gab es da ja noch gar nicht…wie friedvoll … und was für ein schöner Gedanke.
Zurück zu den Erwartungen. Also für einen Teenager ist die Qualität des Urlaubs ganz klar im Grad der Bräune abzulesen. Der Mann und ich wollten lesen und Essen (und ich unbedingt schlafen) und das Kind wollte Badespass und Pizza in großen Mengen.
Der Koffer des Teenagers nahm die Hälfte des Kofferraums ein. Ich würde mit so einem Koffermonster durchaus Reisen von mehreren Wochen antreten können, vielleicht sogar einen kompletten Umzug bewältigen, aber so ein Teenager muss vorbereitet sein, und die Sache mit der Entscheidung ist auch nicht einfach. Das andere Kind, der Mann und ich kamen mit dem Rest des Platzes aus, und wir haben zum Glück einen der größten, erhältlichen Kombis als Familienauto. Wäre das dritte Kind auch mitgereist, hätten wir einen Bus oder einen LKW anmieten müssen.
Mit Kühltruhe als Barriere auf dem Rücksitz, um Teenager und Kind etwas zu trennen, ging es schließlich los, den Staus entgegen. Nach gefühlten 300 Stunden kamen wir am Starnberger See an, machten Zwischenstopp bei Freunden und fuhren am nächsten Tag den nächsten Staus gen Süden entgegen. Etwa 50 Fahrstunden später kamen wir im angemieteten Haus in der südlichen Toskana an. Der Vermieter, Dottore Zucchini (ehrlich!) zeigte uns alles, und wir gingen gemeinsam auf die Terrasse und genossen die Aussicht auf den See… wundervolle 3 Minuten etwa, bis das Kind mit weinerlicher Stimme beklagte, von mindestens 1000 Moskitos attackiert worden zu sein.
Wir verdrehten die Augen, denn seine Übertreibungen aus der Vergangenheit schon zur Genüge erfahren, hielt sich unser Mitleid in Grenzen. Armes Kind, denn er hatte tatsächlich recht. Es schien, als hätten sich alle Moskitos der Region verschworen und nur auf ihn gewartet. Wir zählten und hörten bei 25-30 auf. Am Hals, im Gesicht, auf den Armen …armes Kind, aber zumindest hatten wir unsere Ruhe. So einiger Maßen, denn dann waren auch wir dran.
Die Mückengitter vor allen Fenstern und Türen hätten uns eine Idee im Vorfeld geben können, ebenso der Reiseführer, der diese Gegend doch als Mückenhochburg umschreibt. Nun ja, manches muss man selber erfahren, bevor man es glaubt.
Am nächsten Morgen wachte ich, trotz der Ohrstöpsel in meinen Ohren (höchster Dezibelschutz- der Mann rodet ganze Landschaften ab, das Kind im Nachbarzimmer auch, und die Wände sind dünn) von Frauenstimmen vor unserem Fenster auf. Haben Italiener andere Stimmen, sprechen sie lauter, weil sie schlecht hören, hören sie schlecht, weil sie sich immer anschreien? Der Mann meinte nur, das wäre Lokalkolorit, und den hätten wir mit unseren 80 Cent pro Tag an Touristensteuer mit erworben. Nun gut.
Am nächsten Morgen fuhren wir in den Supermarkt und deckten uns mit Antimückenspiralen, Antimückenspray und Anti-bite-pens ein. Die Regalwand im Supermarkt voll mit Anti-Mücken-Equipment ließ auch darauf schließen, dass wir mit der Problematik nicht alleine waren.
Wissen Sie, was die am häufigsten von Teenagern gestellte Frage im Urlaub ist? Wie lautet das WLAN Passwort? Und haben Sie eine Idee, was mit einem ausgeglichenen Teenagermädchen abends um 22.00 Uhr passiert, wenn plötzlich die Kommunikation zu 20 anderen Teenagermädchen über What´s app, Snap Chat, Instagram & Co lahmgelegt wird, weil genau dieses WLAN im Haus plötzlich nicht mehr funktioniert? Auch Teenagermädchen ohne Italienischer Herkunft, können laut schreien und toben.
Unsere Anmerkungen, dass wir unser erstes Mobiltelefon erst mit 24 und 28 Jahren hatten, half der Situation nicht weiter, wir wurden entgeistert angesehen, fast mitleidig, aber dann lag doch auch Bewunderung in der Luft. Wie nur konnten wir unsere Jugend überstehen? Wir wurden gefragt, ob wir Briefe geschrieben haben? Frechheit!
Hier sage ich nur: es lebe der Hotspot…. und mein Handyvertrag!
Und der Alkohol.
Ihr Fräulein Lindemann