Madeira.

Der Mann und ich sind urlaubsreif. Der letzte Urlaub war bedauerlicherweise auf der Erholungsskala eher im unteren Bereich, das mag daran gelegen haben, dass er größtenteils auf dem Hotelzimmer, oder doch zumindest immer in der Nähe einer Toilette stattfand.
Anfang des Jahres hatten wir jedoch eine kluge Idee, und wir buchten uns für die ersten 10 Tage im November in ein kleines Hotel auf Madeira ein.
Den ersten Schreck überwunden, der mit der Insolvenz von Thomas Cook einherging, und der Feststellung, dass wir mit Condor fliegen, wurde am Ende alles gut und unser Flug war nicht betroffen.
Das war dann allerdings auch die einzige Auseinandersetzung im Vorfeld mit unserer Reise.
Was wussten wir über Madeira? Madeira gehört zu Portugal, es gibt einen Süßwein mit gleichem Namen, und im November ist es noch warm. Was braucht man mehr?
Unsere Tage bis zum Urlaubsbeginn waren picke packe voll, und somit konnten wir aus Zeitmangel erst am Morgen unseres Abfluges packen, etwas hektisch und mit einem doch recht kleinen Zeitfenster und keinem echten Plan, welche Dinge Sinn machen.
Egal. Wir sassen irgendwann im Taxi und waren rechtzeitig am Flughafen. Der Mann war entspannt und wollte auf die vor uns liegende Zeit anstoßen.
Einen Aperol Spritz zum Frühstück kann ich allerdings nicht unbedingt weiterempfehlen, als Gefühlsbeschleuniger für einen bereits müden Grundzustand muss man hart mit dem „Nichteinschlafen“ und mit dem „nicht mit dem Kopf auf den Tisch fallen“ kämpfen.
Taten die anderen in dem Café auch, und überall kicherte es vor sich hin.
Die Aperolstimmung hatte nicht nur uns erwischt. Neben uns hörten wir nur „ Heidewei…“ und ein Giggeln, als das Paar neben uns versuchte aufzustehen um ihr Gate noch rechtzeitig zu erreichen.
Im Flieger sitzend, stellte der Mann verwundert fest, dass unser Flug 4 Stunden dauern sollte. Das sollte nun eigentlich keine große Überraschung sein, denn nach Lissabon, da waren wir schon viele Male, sind es schon 3 Std.Flug, und wenn man etwas weiter im Atlantik urlauben möchte, tja, dann dauert eben alles noch etwas länger.
Ich schlief ein, wachte dann und wann kurz vom ständigen Naseputzen unseres Vordermanns auf, um, Aperol beseelt, schnell ins Land der Träume zurück zu gleiten. Irgendwann waren wir beide ausgeschlafen.
Der Mann, eigentlich nur an der Serie, die die Dame neben ihm auf ihrem IPad schaute, interessiert, versuchte diese in ein Gespräch zu verwickeln. Verwickelt wurde allerdings er. In oberlehrerhaftem Ton wurden unsere Madeirakenntnisse abgefragt, und die Tatsache, dass es unser erster Besuch, und nicht wie bei ihr bereits die 4 oder 5 Reise war, ließ sie nicht wirklich gelten.
Wo denn unser Hotel wäre? Wir schauten sie mit großen Augen an. Wir konnten uns an gar nichts erinnern.Halt irgendwo auf Madeira.
Um nicht ganz doof dazustehen, erfand ich einen Ort. Erstaunlicherweise kannte sie den und sagte: ja, ja, das ist im Norden, ganz toll da zum Wandern.
Der Mann grinste. Ja, ganz toll zum Wandern…
Der Flieger landete und erst da bemerkten wir, dass mindestens 90% unserer Mitflieger mit Rucksäcken und Treckingklamotten ausgestattet waren. Wir bekamen noch schnell ein paar Wanderouten mitgeteilt, dann verließen wir das Flugzeug. Alles klappte reibungslos, unser Gepäck kam an, wir fanden unseren Transport, machten noch schnell ein Foto mit der Ronaldo-Büste und fanden uns 70 Minuten später in unserem Hotel wieder, übrigens im Süden der Insel.
Unser Fahrer erzählte uns während der Fahrt alles Wissenswerte und nun wissen auch der Mann und ich über die portugiesischen Bananen, den Wein, die Blumen, die Menschen und die Temperaturen auf dieser zauberhaften Insel Bescheid.

Das Hotel war nur durch eine schmale Strasse vom Atlantik getrennt. Weniger naturverbundene Menschen würden sich über die laute Brandung beschweren, aber wir fühlten uns im Paradies angekommen.
Wir packten aus und erkundeten den Ort, oder besser: das Dorf. Wir waren hungrig, das Bütterchen, das der Mann geistesgegenwärtig am Morgen noch geschmiert hatte, und das unsere Laune während der Flugreise stark angehoben hatte, hatte seine Wirkung verloren. Wir kehrten ein und lernten Napfschnecken und Poncha kennen. Irgendwann gingen wir zurück zum Hotel und bereiteten uns für das Abendessen vor. Gestriegelt und gekämmt, mit teuren Pumps und Chaneltäschchen, der Mann in Sakko, Hemd und Lederschuhen, gingen wir ins Hotelrestaurant, denn das Abendessen im Hotel war Teil unseres Pakets.
Dort gab es ein eigenwilliges Buffet, mit Fleisch, auf dem ich, wenn ich es denn nicht heimlich aus meinem Mund hätte verschwinden lassen, vermutlich nächstes Jahr noch immer drauf rum kauen würde. Jede Krankenhausküche wäre im Vergleich dazu wohl eine kleine Erwähnung im Guide Michelin wert, resümierte der Mann.
Wir sahen uns um und waren Exoten. Um uns herum nur Treckingsandalenträger in Shorts und T-Shirts, andere in Flipflops, und sogar Reiserucksäcke waren beim Abendessen lässig an den Rücken geschnallt.
Kurze Zeit später saßen wir in einem einheimischen Lokal und probierten uns dort durch die Karte.
Wir waren im Wanderparadies, aber das war und ist uns egal.

Gerade liegen wir auf der Dachterrasse unseres Hotels, hören dem betörenden Meer zu, blicken über das Buch hinweg auf den Atlantik und geniessen das Nichtstun.
In 10 Tagen hat uns der Alltag zurück, … und wir bekommen ein neues Familienmitglied.
Frau Ella zieht am 11.11. bei uns ein, aber davon mehr beim nächsten Mal…

Ihr Fräulein Lindemann

 

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