Karfreitag.

Corona ist blöd.
Jetzt mal unabhängig davon, dass das Virus für Menschen in Risikogruppen tödlich enden kann, und manchmal auch für Menschen, die vordergründig keiner dieser Gruppen angehören, ist Corona saublöd, und ich bin genervt.

Wir sind in der 6. Woche des Lockdowns und ehrlicher Weise muss man sagen, dass hier in NRW die Bestimmungen nicht ganz so krass sind wie beispielsweise im Saarland, oder in Bayern.
Das sind 6 Wochen Homeoffice und tausenden von Telefonkonferenzen, nach denen man irgendwann auch leer gesprochen ist und nicht mehr klar denken kann.
Ich vereinsame und bin genervt, was der Mann abends, wenn ich mich eigentlich auf ihn freuen sollte, weil ich dann ja nicht mehr allein bin, zu spüren bekommt.

Ich bin neidisch, dass er seinen Job ganz normal machen kann und jeden Tag mit echten, realen Menschen zu tun haben darf.
Neid ist kein netter Begleiter.

Seit Montag tragen alle hier Masken, wenn sie in Supermärkte, zur Post oder sonst irgendwie zum Einkaufen gehen. Ich verstehe nicht, wo der Unterschied von Sonntag, wo man das noch nicht musste, zu Montag liegt. War es da noch nicht so schlimm?

Das Virus treibt seit nun mehr als 2,5 Monaten sein Unwesen in Europa, wäre da nicht ein besserer Start-Zeitpunkt fürs Maskentragen gewesen als letzten Montag? Ich habe aufgehört alles verstehen zu wollen.

Ich kann nicht vernünftig atmen unter diesen Masken, mein Heuschnupfen ist da auch nicht besonders hilfreich.
Die Menschen machen fröhlich das Beste daraus. Da werden bunte selbst genähte Masken zum Statement- Accessoire, und alle zeigen ihren Individualismus, und tragen stolz ihre „witzigen“ Masken wie kleine Lemminge.
Aber was meckere ich, bin ja auch ein Masken- Lemming, und habe mich schon erwischt wie ich im Internet nach Stoffmasken in stylischem grau gesucht habe.

Ich habe es mit einem Face Shield als Maskenersatz versucht. Mein Kopf ist für das Gummi leider zu groß. Das Shield drückt, macht Kopfschmerzen und ruiniert meine Frisur. Jetzt schaut jeder verwundert und denkt, sie hat doch ein schmales Gesicht wie kann sie da einen so großen Kopf haben. Ja, hat sie aber nun mal.
Das weiß ich so genau, weil ich immer die größten Reit-, Ski- und Motorradhelme brauche.
Zuhause zu sein langweilt mich. Was ich am meisten vermisse? Andere Menschen zu sehen, zu umarmen… und Essen zu gehen.

Es ist Frühling draußen, und wir können wirklich froh sein noch hier zu wohnen, wo wir wohnen. Ländlich, grün und mit Garten, denn eigentlich wären wir jetzt schon stark mit unserem Umzug Richtung betongrau und Balkon beschäftigt. Dann könnte der Mann sich gar nicht so ausgiebig mit dem Rasen beschäftigen, und das macht er gerade sehr gerne. So großartig sah er in den letzten 8 Jahren noch nie aus. Also der Rasen. Corona sei Dank. Der Mann sieht natürlich immer toll aus.

Langeweile ist schlimm, da wurden auch die Kinder nicht von verschont. Das große Kind entschied am Karfreitag einfach, dass das kleine Kind dringend einen neuen Haarschnitt benötigt. Dem kleinen Kind war auch langweilig, somit froh über jede Ablenkung, wenn auch nicht die Konsequenzen einer solchen Entscheidung in der Lage abzusehen.

Der Mann und ich hielten uns raus. Es gibt Mützen, und irgendwie hatte das große Kind auch Recht, ein Haarschnitt war längst überfällig.

Das große Kind ist sehr spontan und ungeduldig, und somit saß das kleine Kind 10 Minuten später auf einem Hocker in der Badewanne. Das große Kind stand daneben, in der einen Hand eine Schere, in der anderen ein IPhone mit einem laufenden YouTube Editorial wie man am besten Haare schneidet.

Der Mann und ich lagen auf der Sonnenliege auf unserer Terrasse, lasen ein Buch, genossen den schönen Sonnentag und wunderten uns währenddessen immer mal wieder kurz über unsere Nachbarschaft. Der eine Nachbar kippte unentwegt Dreck und Gartenabfälle in seinen leeren Pool, der direkt an unserem Garten angrenzte, und der andere saß, ich schaute extra auf die Uhr, um 10 vor 1 auf seinem Aufsitzmäher und mähte seinen Rasen. Es war noch immer Karfreitag.

Corona macht auch gelassen mit Dingen, die man nicht ändern kann, und über die es sich nicht lohnt sich aufzuregen. Corona -Weisheit des Monats April: die Doofen sterben halt niemals aus.

Ihr Fräulein Lindemann

PS Der Haarschnitt ist erstaunlich gut gelungen!

 

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