Japan.(Teil 2)

Guten Tag, oder besser ‚konnichi wa‘, das und einige andere Worte übernahmen der Mann und ich in kürzester Zeit . Irgendwo hatte der Mann gelesen, dass man immer und ständig ‚hai‘ sagt, das japanische ‚ok‘.
Ich tat mich damit etwas schwer, denn ich kam mir mit meiner Verständigungsoption- kleinste Teile Englisch und viel „Hände und Füße „, schon recht schwer, da noch in kurzen Abständen ein “ hai“ mit einzubinden, überforderte mich, und ich lehnte das auch irgendwie ab.
Der Mann nicht.
Er animierte mich weiterhin, auch mit seltsamen Erklärungen wie – die fühlen sich dann sicher…
Nun gut, ich pfiff auf Sicherheit.

Mein erster Besuch einer japanischen Toilette beeindruckt mich hingegen noch immer nachhaltig. Die Toilette sah aus wie eine Mischung aus Behinderten-WC und einem futuristischen Multifunktionsgerät auf irgendeiner Raumstation.
Ich setze mich auf die frisch gereinigte Brille und… Überraschung…sie war warm. Es gab echt angewärmte Toilettensitze!
Daneben war eine Bandbreite von Knöpfen und Schaltern für Spülungen aus allen Richtungen, mit allen Stärkegraden, es gab Toilettenspülungsimmitations-Geräusche auf Knopfdruck, falls man mal einen Hintergrundsound benötigt, wenn es mal andere Geräusche gibt. Die gibt es natürlich nicht bei uns Frauen- wir können keine Geräusche und keine Gerüche. Für letzteres war auch vorgesorgt, mit einer Sprühfunktion.

Fahren Sie oft mit dem Zug? Ich manchmal. Und nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Warum?
Er ist überfüllt, laut, unpünktlich und man muss achtgeben, dass man nicht einschläft und beklaut wird, oder gar seine Station verpasst.
In Japan ist das anders. Hier beträgt die durchschnittliche Verspätung 24 Sekunden. Bei uns spricht man überhaupt erst bei 24 Minuten von Verspätung.
Um dem Mann seinen Kindheitstraum zu erfüllen, und weil ich gerade “ lost in translation “ zum wiederholten Male gesehen hatte, entschieden wir uns für eine Fahrt nach Tokyo. Mit dem Shinkansen.
Nachdem wir die raren Schilder in Englisch gedeutet hatten, standen wir mit unseren Fahrkarten auf dem richtigen Gleis.
Wir waren stolz und aufgeregt. Noch aufgeregter wurden wir allerdings, als wir an den verschiedenen Anzeigetafeln die Hinweise sahen, sich doch bitte mit dem Wetterforcast auseinander zu setzen, denn es raste gerade ein Taifun auf die japanischen Inseln zu.
Gut, auch wir hatten bemerkt, dass es etwas mehr regnete, es sich auch etwas abgekühlt hatte, und es wurde auch ein wenig windiger.
Egal. Wir wollten nach Tokyo, und so ein Taifun sollte uns nicht aufhalten.
Auf der Fahrt schauten wir in verregnete Regionen mit grauem, dunklen Himmel. Der Mann checkte im Internet und wir sahen Schlagzeilen wie: Taifun ‚Lan‘ wird Städte und Gegenden verwüsten, erwartete Schäden liegen bei geschätzten xy Milliarden. (Nun muss man sagen, dass wir hier von Yen Milliarden sprechen.)
Lan hielt uns nicht auf, und wir hatten einen Schirm.
Das ist sehr wichtig in Japan. Niemand geht ohne. Niemand fährt ohne, auch kein Fahrrad. Und sollte es einmal nicht regnen, gibt es auch einen Haken, an den der Schirm gehängt werden kann. Solche Haken gibt es auch neben den Toiletten und den Waschbecken. Hotels und Museen haben ganze Schliessanlagen, nur für Schirme.
Schirme sind auch gerne durchsichtig. Wir haben uns gefragt wozu.
Eine Antwort war, damit man noch etwas von der Stadt sieht. Ich vermute ja, damit man weiß ob es noch regnet, denn mit Hunderten von Schirmen, die die Straßen plakatieren ( so sieht es aus, wenn man von oben drauf schaut), fühlt es sich an , als wäre die ganze Stadt überdacht.

Der Mann und ich trinken gerne mal ein Glas Wein, oder auch ein Bier. In Japan trinkt man auch gern, vor allem: viel und schnell. Um 18.00 Uhr trifft man sich und muss sich um 20.00 gegenseitig beim Verlassen des Lokals stützen. So wird es auch auf Veranstaltungen gehandhabt. Wir waren zu einem Galadinner eingeladen. Ein Mitarbeiter des Veranstalters sollte eine Abschlussrede halten. Tat er auch, allerdings war er schwierig zu verstehen. Er räumte auch irgendwann ein, nachdem er für einen Satz mehrere Anläufe benötigte, dass er betrunken sei. Man half ihm von der Bühne und klopfte ihm anerkennend auf sie Schulter. Bei uns undenkbar.
Andere Kultur, andere Sitten. Aber was nehme ich mit?
Ich versuche freundlicher mit meiner Umwelt umzugehen, großzügiger und respektvoller zu sein und mich manchmal mehr um andere zu kümmern.

Und ich muss mehr Fisch essen, ich habe nur zierliche, schlanke Frauen gesehen…

Ihr Fräulein Lindemann

Nachtrag für B.
Die nicht endende Höflichkeit, den Respekt und die Umsicht mit denen Japaner den Umgang mit- und untereinander pflegen, hatte ich ja schon erwähnt.
Dieser Umgang ist selbstverständlich und muss auf gar keinen Fall extra honoriert werden.
Trinkgeld gibt es in Japan nicht. Sollte man es einmal, wie bei uns durchaus üblich, beim Verlassen eines Restaurants auf dem Tisch liegen lassen, wird es einem hinterhergetragen, da man denkt, es handelte sich um ein Versehen.
Am Flughafen, als der Mann und ich von einem Fahrer abgeholt wurden, trug der auch Sorge für uns. Wir durften unser Gepäck nicht mal mehr ansehen (von Berühren gar nicht zu sprechen), es wurden Türen aufgehalten und eine im weißen Handschuh steckende Hand sorget dafür, dass der obere Türenbereich abgedeckt wurde, so dass ich, auch wenn ich mir größte Mühe gegeben hätte, mir auf keinen Fall den Kopf an der Tür hätte stoßen können.

Da so ein Taxifahrer auf den vollen und recht autoreichen Straßen nicht immer aussteigen kann, um dann um sein Auto zu rasen und Türen aufzuhalten, aber sichergehen möchte, dass kein Fahrgast die Tür selbst öffnet, und das wohlmöglich auch noch auf der falschen Seite (die nicht sichere, die zum restlichen Verkehr hin), ist es verboten, den Türgriff selbst zu betätigen. Das steht in allen Sprachen auf einem Schild, dass über oder auf dem Türöffner angebracht ist. (ich weiß nicht wie es bei einem Notfall/Unfall gehandhabt wird…)
Der Taxifahrer hat einen Riegel vorne, der, wenn er ihn betätigt, die hintere linke Fahrgasttür automatisch mit einem Ruck öffnet(Linksverkehr)
Als Fußgänger, neben anhaltenden Taxen hat man jedoch eine wichtige Aufgabe: Abstand halten von Taxitüren.
Macht man das nicht, wird man wie ich, von einer dieser aufspringenden Türen getroffen, was es für den Taxifahrer dreifach schlimm macht:
fehlende Rücksicht, westliche Frau und….schimpfende westliche Frau auf Deutsch…

 

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