Ständig diese Hetzte!
Denken Sie das nicht auch ständig? Alles läuft unter Zeitdruck, man macht 1,000 Dinge gleichzeitig. Das Problem daran ist nur, die Qualität sinkt, denn es ist quasi unmöglich 1,000 Dinge gleichzeitig zu tun.
Es gibt vielleicht Parallelwelten, aber selten Parallelrealitäten. Hier gibt es nur eine Realität, und die erfordert 100%ige Aufmerksamkeit und manchmal auch Erinnerungen. Eine solche Erinnerung sehe ich jedes Mal, wenn ich den Flughafen verlasse, unten beim EXIT. Da hängt ein großes Schild über dem Zollbereich mit den Worten: Vergessen Sie nicht, Ihr Gepäck beim Verlassen dieses Bereiches, mitzunehmen.
Ich muss schmunzeln. Vergessen manche Leute wirklich Ihr Gepäck?
Der Mann behauptet immer, Frauen seien Multitasking. Leider ist das nicht korrekt.
Wir, oder zumindest ich, bin es nicht. Ganz simpel, ich bin wie 10, lasse mich ablenken, bin zerstreut, habe keine selektiven Hörfähigkeiten, die mich etwas machen lassen und parallel aus einem Gespräch die wichtigen Informationen filtern lassen. Da bin ich ein hoffnungsloser Fall.
Oftmals, während Telefonkonferenzen, die nicht unmittelbar meine komplette Teilnahme erfordern, bearbeite ich nebenbei Emails. Ich lese sie kurz durch, manchmal beantworte ich sie auch, all das genau bis zu dem Zeitpunkt. an dem es in meiner Telefonleitung hießt: Und, wie ist Ihre Meinung dazu, Fräulein Lindemann? Die ist dann kurz sprachlos und sagt entweder: ganz schlechte Verbindung, könnte bitte jemand die Frage noch einmal wiederholen? Oder, wenn ich noch mit einem halben Ohr mitgehört habe, und mein Vorgänger schon seine Meinung kundgetan hat und ich auch generell auf seine Meinung Wert lege, einfach sage, dass ich xy komplett zu stimme.
Ich bin nicht alleine. Erst gestern habe ich mit einer Mitarbeiterin telefoniert, hörte das bekannte „Pling“, das eine neue Email ankündigte und dann erst einmal nichts mehr. Stille. Ich sagte auch nichts, wollte ich doch wissen wie es hier weitergeht.
Das ging gefühlte 6 Minuten so, dann ein „ok“ und irgendein Gegrummel. Ich fragte, was genau denn „ok“ sei und wieder: Stille. Dann bekam ich einen Lachanfall und sie auch.
Warum konzentrieren wir uns nicht auf eine einzelne Sache und machen sie gut. Warum lassen wir und ablenken, warum erlauben wir der Hektik unser Leben zu bestimmen? Und manchmal unsere Qualität.
Wir stressen uns, und das ist ungesund, außerdem verursacht zu viel Hektik: Unaufmerksamkeit.
Den einen Gedanken oder die eine Aufgabe im Kopf, ist es schier unmöglich, Platzt für weitere zu schaffen.
Neulich war ich im absoluten Zeitdruck, wir bekamen Besuch übers Wochenende, 2 Erwachsene, 1 Baby und 2 Hunde, der Mann wollte mit dem männlichen Erwachsenen zum Fußball und ich kam erst abends von meiner Reise zurück. Wenn es schiefläuft, dann konsequent überall.
Der Besuch stand im Stau, mein Flieger hatte Verspätung. Der Mann zuhause wurde wahnsinnig, denn eines war klar, der Anstoß des Spiels wurde nicht aufgrund unserer widrigen Umstände verschoben.
Als er dann doch endlich landete, schienen alle am Flughafen recht überrascht zu sein, denn es fand sich einfach keine Treppe und auch kein Bus.
Irgendwann war auch das Probleme gelöst, und ich sputete los, damit die nicht Fußballverrückten Anteile unseres Besuches (hauptsächlich Frau, Baby und Hunde) nicht alleine waren, während die Fußball hungrige Meute ihrem Fußballfieber erlag.
Ich düste im Affenzahn durch die Flughafenhallen, zahlte mein Parkticket, schloss mein Auto auf und… bemerkte, dass irgendetwas fehlte.
Mein Koffer.
Ich war ohne meinen Koffer aus dem Gebäude gerannt. Also zurück.
Einmal aus dem Zollbereich heraus, ist es wiedersagt und strengstens verboten, zurück zu gehen. Unter Zeitdruck stehend wägte ich meine Optionen ab und entschied mich fürs Zurückschummeln.
Auf einen größeren Schwung Menschen wartend, die aus der elektronisch schließenden Tür strömten, duckte ich mich und schwamm gegen den Strom zurück. Drin war ich.
Mein Koffer war noch nicht da, und ich musste weitere 10 Minuten warten.
Ihr Fräulein Lindemann