Die klare Abgrenzung und Einteilung der Jahreszeiten gibt es schon lange nicht mehr. Winter? Den letzten Schnee habe ich bei meinen Skiversuchen in Österreich gesehen. Seit 6 Jahren lagern der Mann und ich eine Schneeschüppe und einen Sack Streusalz (ja, liebe Umweltfreunde, Streusalz…)
Der letzte fette Winter, den ich miterlebte, der war vor 7 Jahren in Berlin. Da war der ganze Kiez eingeschneit und eisig. Autos kamen nicht mehr aus der Parklücke, und für den Berliner war es gefühlt das erste Mal, mit dem Auto bei diesen Wetterbedingungen zu fahren. So sah das dann auch aus. Alle fuhren im Schneckentempo, wie auf Eiern und auch gerne noch mit Sommerreifen.
Man konnte die Straße nicht mehr vom Bürgersteig unterscheiden, und alle Menschen schienen irgendwie überrascht zu sein. Niemand war recht vorbereitet. Ich auch nicht, als ich auf dem Weg zum Park im hohen Boden ausrutschte und aus Standhöhe auf meinen Hintern fiel. Es ist kein großartiges Gefühl, wenn man merkt, wie der Ruck durch jede einzelne Wirbeletage rumst und man am Ende benommen im kalten Schnee sitzen bleibt, weil man alleine nicht mehr hochkommt und der Hintern kalt wird. In Berlin wird gerne Rollsplitt gestreut. Umweltfreundlicher, dem Schuhmacherhandwerk zuträglich, aber nicht effektiv. Daher meine Tendenz zu Salz, und dass nicht nur in der Pasta.
Der Frühling macht mich müde. Ich habe das Gefühl mein Zustand ist gleitend- vom Winterschlaf direkt in die Frühjahrsmüdigkeit. Alleine schon beim Schreiben darüber, fange ich wieder an zu gähnen.
Frühjahr bedeutet auch, nicht mehr alleine im Garten zu sein. Alles kommt rausgekrabbelt. Kleine Mäuse fressen sich den Wanzen voll an Tulpenzwiebeln. Nicht an unseren, ich habe keinen grünen Daumen und habe das auch akzeptiert, aber der Nachbar pflanzt fleißig. Und ist am Ende traurig, schwört, es war das letzte Mal um im darauffolgenden Jahr noch mehr zu pflanzen.
Ich mag Insekten nicht. Weder Zecken, die den Nachbarhund befallen, noch die Marienkäferinvasionen, die beim letzten Sonnenstrahl im Hebst das Haus einzunehmen gedenken. Hunderte krabbeln am Haus entlang und nisten sich entweder in den Fensterrahmen, oder gleich direkt in unserem Schlafzimmer ein. Früher fand ich sie außergewöhnlich, so niedlich, habe Punkte gezählt und mir etwas gewünscht. Heute sauge ich sie weg. Die Roten und die Schwarzen. Ich ekel mich vor dem Geruch, der aus dem Staubsauger kommt und ich muss mich bei dem Gekrabbel schütteln.
Im Frühjahr kommen die aus ihren Ecken gekrochen, die, die ich im Hebst nicht erwischt habe und liegen dann mit den riesigen, trägen, alten Wespen, die nicht gesund aus dem Winterschlaf erwacht sind, auf der Fensterbank-tot.
Gerne in unserem Schlafzimmer, und gerne auch im Familienverbund.
Jedes Jahr im Frühling beginnt der Rasenwettbewerb. Es wird vertikutiert, gesät, gedüngt und gekalkt. Es wird gegossen und ich bin sicher, wenn ich nicht schaue, singt der Mann auch Gutenachtlieder.
Hier verlieren wir gegen den Nachbarn. Unser Rasen hat jede Menge Unkraut und Blümchen. Mir macht das nichts, denn dafür liegen wir im Sonnenblumenwettbewerb ganz vorne. Diese Blumen brauchen Wasser und ihren Frieden. An das Wasser versuche ich zu denken und Nichtbeachtung geht gut. Im letzten Jahr war unsere größte über 3m hoch. Wir mussten sie für ein Wochenende alleine lassen, im guten Glauben an das Gute. Das Gute gibt es in diesem Wettbewerb nicht. Wir bekamen eine What´s App mit dem Foto des Sonnenblumenkopfs, abgetrennt vom Stiel, auf unserem Rasen liegend.
Dieses Jahr bin ich vorbereitet für diesen unlautereren Wettbewerb, und es gibt eine Revanche. Genaues habe ich noch nicht überlegt, aber ich bin kreativ, und ich kann warten.
Jetzt werde ich mich erst einmal mit einem Rosa farbenden, alkoholischen Kaltgetränk auf die Terrasse in meinen Strandkorb setzen und die Sonne genießen- fliegendes und krabbelndes Ungeziefer hin oder her, die warme Sonne auf meiner Haut genießen und mich auf den Sommer freuen.
Ihr Fräulein Lindemann