Warum finden Begegnungen statt und was macht sie so besonders?
Ich meine, warum trifft man Menschen, einige treten immer wieder neu in unser Leben, mal mit kleinen Unterbrechungen, mit Pausen. Und warum trifft man andere, die direkt und konstant im Leben bleiben, oder wiederum andere trifft man, geht eine Zeitlang einen bestimmten Weg miteinander, um sich dann wieder zu trennen, ohne Aussicht auf ein wiederholtes Kreuzen des Weges.
Manchmal weiß man das sofort, und manchmal erst viel später.
Begegnungen sind magisch.
Man sieht Menschen, redet vielleicht nur kurz miteinander, und dann entscheidet man sich für sie, oder halt auch nicht. Ich rede hier nicht von Liebesbeziehungen, obwohl das natürlich auch auf eine Art eine Liebesbeziehung ist, ich rede von Freundschaften, Beziehungen ohne Sex. Man sieht Menschen, und sucht sie ganz bewusst aus, oder man wird von ihnen ausgesucht.
Das habe ich mit einigen Freundinnen so gemacht. Ich habe sie gesehen (bei Wohnungsbesichtigungen, mit Leergut im Regen vor der Haustür, im Treppenhaus oder beim Einzug) und irgendetwas hat meine Aufmerksamkeit geweckt, wie ein Loch im Strumpf, sichtbare Zerbrechlichkeit, Chanel Rouge Noir oder eine Jeans-Latzhose, und dann war es um mich geschehen.
Einige Freundinnen haben sich über Umwege eingeschummelt, und bei wiederum anderen ist es mir niemals in den Sinn gekommen, bis sie plötzlich mit ihrer ganzen Präsenz und einer großen Wucht in meinem Leben standen.
Wenn ich jemanden ausgesucht habe, ist es nicht immer ganz einfach, und es hat hier und da auch etwas Überzeugungskraft gekostet, da man, wenn man sich plötzlich an Menschen hängt (nein, kein stalken) auf der anderen Seite für Unsicherheit sorgt und für Befremdlichkeit im ersten Moment.
Manchmal müssen wir uns trotz des Aussuchens, oder des Ausgesuchtwerdens wieder trennen. Vielleicht, weil es nicht passt, und die Begegnung nur für einen kurzen Zeitraum ausgelegt war, oder weil sich eine Seite anders benommen hat als erwartet, und man die Beziehung neu definieren muss mit Hilfe des vorhandenen Pakets, das Verzeihen oder aber auch Neuanfang beinhaltet.
Manchmal ist das Paket aber auch einfach nur schon leer, dann muss man sich trennen.
Die erste Begegnung mit dem Mann war leider nicht so magisch, und das kann ich ganz genau sagen, denn ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Jetzt könnte man streiten, und sagen, wenn ich mich doch immer noch so gut erinnere, hatte es wohl doch seinen Zauber.
Nein, nicht für mich.
Kurzer Rückblick: wir trafen uns vor vielen Jahren (mittlerweile 12) bei einem Workshop, den er aktiv mit gestaltete, ich war kein aktiver Teilnehmer, eher ein Beobachter, und ich konnte so recht nichts mit ihm anfangen. Sagen wir mal so, uns hat es beide nicht umgehauen, als wir einander das erste Mal sahen. Ich nahm kaum Notiz von ihm, und fand ihn eher etwas distanziert und humorlos, und er fand mich einfach nur doof und arrogant.
Sagt er.
Wir haben nicht einmal mit einander gesprochen, daher weiß ich gar nicht so recht, wie er seine Annahme begründen möchte. Meine Meinung jedoch kam aus Beobachtungen, und kann selbstverständlich als korrekt und fundiert stehen gelassen werden.
Interessanter Weise hat er mich an diesem Tag fotografiert, bei unserer allerersten Begegnung.
Warum? Das frage ich mich und ihn auch. Vielleicht war er so sehr von meiner Arroganz beindruckt. Oder vielleicht war es doch noch etwas anderes. Er streitet alles andere selbstverständlich ab und schiebt es auf den Zufall.
Wir wissen aber doch alle ganz genau: es gibt gar keine Zufälle.
Wie es das Schicksal dann weiter bestimmte, trafen wir uns in jährlichen und monatlichen Abständen wieder, da sich unsere beruflichen Wege immer mal wieder kreuzten. Irgendwann konnten wir uns nicht mehr wehren, und es hat uns beide erwischt.
Nicht zeitgleich.
Amors Pfeil traf uns zeitversetzt mit 2 Jahren Unterschied, hielt aber solange an, dass wir irgendwann die gleiche rosa Brille zur selben Zeit trugen, und uns Herzchen aus den Ohren stiegen (übrigens immer noch).
Schaue ich zurück, weiß ich, der Mann ist gekommen, um zu bleiben, das kann ich allerdings nicht für jede Begegnung der Vergangenheit sagen, und das ist gut so, sonst wäre kein Platz für Neues und die Beständigkeit in meinem Leben würde an Wert verlieren.
Ich liebe meinen Mann, und ich liebe meine Freundinnen.
Ihr Fräulein Lindemann
PS …und die Mutti.