Helau!
Oh ha, was für ein Kardinalsfehler. Es heißt selbstverständlich: Karneval. Und noch viel selbstverständlicher: alaaf!
Hier hat letzte Woche die 5. Jahreszeit begonnen. Früher dachte ich immer, das sei etwas übertrieben … ist es nicht!
Köln ist im Ausnahmezustand. Und das ist eine Tatsache.
Alles fängt am Donnerstag an, an Weiberfastnacht. Dann geht es weiter am Freitag, Samstag, Sonntag, Montag und dem Dienstag. 6 lange Tage lang wird gefeiert, getanzt, gesungen, gebützt, getrunken, noch mehr getrunken und noch mehr gesungen. Wissen Sie, wie lange man kölsche Lieder hören kann, ohne dass sich auch nur eines wiederholt?
Sehr lange. Partynächtelang.
Als Kind habe ich mich sehr gerne verkleidet. Wenn ich in meinem Fotoalbum nachsehe, sehe ich eine kleine Mexikanerin, einen Gartenzwerg, eine Katze, einen Koch, einen Clown oder auch ein Schneeflöckchen.
Ich erinnere auch noch eine recht einschneidende Karneval-Situation aus meiner Kindheit.
Ich war vielleicht 4 oder 5 Jahre alt und ging noch in den Kindergarten. Meine Mutter zog mir eine weiße Strumpfhose an mit schwarzer Turnhose und schwarzem Oberteil. Sie machte mir zwei Rattenschwänze, so nannte sie Zöpfe an der rechten und linken Kopfseite, und steckte aus Pfeifenreinigern gebastelte kleine Katzenohren daran. Meine Nasenspitze wurde mit Kajalstift schwarzgemalt, ich bekam Schnurrhaare, und irgendetwas, was ich vergessen oder verdrängt habe, hatte sie noch zusätzlich in mein Gesicht gemalt.
In großer Hektik, weil alles zeitlich viel zu knapp war an diesem Montag, düsten wir die Stufen im Treppenhaus herunter und wollten die Nachbarskinder einsammeln, um gemeinsam den Weg zum Kindergarten zu starten.
Alle starten mich mit großen Augen an.
Ich starrte zurück.
Meine Mutter starrte auch.
Niemand außer mir war verkleidet. Die Nachbarmutter schaute meine Mutter irritiert an und sagte verwundert: Rosenmontag ist doch erst nächste Woche.
Ich kann nur sagen, niemand mit 4 oder 5 Jahren möchte am Nichtrosenmontag verkleidet im Kindergarten auftauchen. Ganz ehrlich.
Aus Zeitmangel hätte ich meiner Mutter sofort zugetraut dies zu ignorieren. Sie tat es nicht, sondern zog mich die Treppen wieder hinauf in die Wohnung. Dort schmierte sie mir Krankenhausmengen NIVEA Creme ins Gesicht und rubbelte mir meine Schminke mit Wattebällchen ab. Dann steckte sie mich in neue Kleidung.
Die Nachbarskinder hatten nichts Besseres zu tun, als die Geschichte schön im Kindergarten zu verbreiten, und mit Restschminke im Gesicht und einem Restohr am Zopf gab es auch nichts zu beschönigen oder gar zu leugnen. Kinder können echt fies sein.
Hier in Köln verkleiden sich nicht nur Kinder. Nein, hier verkleidet sich jeder.
Der Mann und ich taten das dieses Jahr auch.
Aus Zeitmangel nicht in die großen Kostümkaufhäuser gehend, fanden wir uns in der Kostümabteilung des Karstadt wieder. Dort hatten wir eine erstaunliche Auswahl, allerdings verursacht zu große Auswahl auch Entscheidungsprobleme.
Ich entschied mich für das Erdbeerkostüm, der Mann wollte als Mönch gehen, dann musste es aber doch unbedingt ein Partnerkostüm sein, und da es keine männliche Erdbeere gab, und ich ablehnte als sexy Nonne zu gehen, konnten wir uns schlussendlich auf Herr und Frau Winnetou einigen.
Mit Kostüm, Perücke und Kopfschmuck ausgestattet, zahlten wir und brachten die Beute nach Hause.
Wir starteten am Samstagnachmittag mit unseren Vorbereitungen und schmissen uns in Schale, trafen uns mit Freunden zum Vorabpizzaessen und fuhren gemeinsam in die Stadt und in die Lokalität unserer Wahl.
Nach einer Stunde in der Schlange anstehen, und zwar in der Kälte, zwar mit Flaschenbier vom Kiosk, kamen wir unserem Ziel näher.
Die Kneipe war bis zum Anschlag mit kostümierten Menschen gefüllt, welche wiederum stark mit Reissdorf Kölsch gefüllt waren und fröhlich schunkelnd zu jedem Lied mitsangen.
Der Mann und ich sagen auch mit.
Jeder von uns hatte zwar seinen eigenen Text, und der hatte nicht immer etwas mit dem Original zu tun, aber wen interessierte das schon. Hier muss ich ehrlich sagen, dass der Mann schon wesentlich textsicherer ist als ich.
Eigentlich kann ich gar keinen Text, denn ich verstehe diesen kölschen Dialekt einfach nicht.
Die Kostüme waren großartig. Wir trafen 5 Taxen, Schweine im Weltall (Cäpten und Piggy- und deren Kumpel flüsterte mir zu: und wir wissen beide, Piggy liebt den Frosch und nicht ihn hier) Nicht sicher ob der Cäpten das auch wusste, und wer genau der Frosch war.
Es gab Pinocchio mit festgenähter Gina unter der roten Mütze, das Kaninchen aus „Alice im Wunderland“ tanzte neben mir auf der Bank, gleich neben einer Zirkusdirektorin, die hier und da auch ihren Domteurstock einsetze. Indianer Jones war auch dabei, und ich musste unbedingt ein Selfie mit Martin Schulz machen.
Je später der Abend, desto schwieriger wurde es für einige Gäste klar zu sprechen, und umso mehr wurde geküsst, nicht unbedingt immer mit den gleichen Kusspartnern.
Aber wie sagt man so schon : What happens at Karneval, stays at Karneval….( Oder war es doch Vegas?)
Heute Abend wird der Nubbel verbrannt und damit alle Sünden, die sich zwischen dem 11.11. und Aschermittwoch angesammelt haben.
Der Mann und ich sind leider nicht dabei, aber ganz sicher im nächsten Jahr, mit verschiedenen Kostümen und an mehr als an nur einem Tag von sechs.
Kölle allaf! Kamelle her!
Ihr Fräulein Pocahontas