Drama.

Können Sie sich noch an die erste Staffel von „Germany´s next Topmodel“ erinnern? Als jeder noch geschaut hat, ohne sich als Idiot oder als Teenager zu outen, oder als Jemand, der ein gespaltenes Verhältnis zum Essen und zum Frauenbild im Allgemeinen hat?
Damals saß noch ein gewisser Bruce Darnell in der Jury. Danach wurde er in andere Formate, nicht weniger trashig, weitergereicht, und er hat es trotz- oder gerade wegen seines schlechten Deutschs in die deutsche TV-Landschaft geschafft und…überlebt. Aber worauf ich eigentlich hinweisen möchte, und dies wird keine Diskussion über die sprachlichen Vorbildfunktionen von Silvie Meiss und Co. (…bin ich doch mit Rudi Carrell aufgewachsen) nein, es ist der Satz, der ihn für mich geprägt hat:
Drama Baby, mehr Drama!
Das hat bisher kein Mann gesagt, schon gar zu mir und nicht in einem so positiven Kontext.
Mehr Drama? Das muss man uns Frauen eigentlich nicht zwei Mal sagen. Also mir nicht. Ich kann unglaublich gut ohne Drama, aber hin und wieder benötige auch ich, und da habe ich nicht immer Einfluss drauf (der arme Mann), ganz, ganz viel davon.
Let´s drama!
Es überwältigt mich einfach, und ich habe das Gefühlt nicht mehr in Balance zu sein, bis … nun ja, bis ich etwas auf dramatische Weise beende, kommentiere oder auch Leuten vor den Kopf stoße. Ich kann auch anders, ziehe mich zurück und bin ganz ruhig.
Wann aber entscheide ich mich für welchen Weg? Da schaue ich nur passiv und von außen zu und kann es nicht beantworten. Liegt es an der Wichtigkeit, an der Höhe des Nerv Niveaus? An meiner Konstitution? Oder an dem unbändigen Wunsch einfach drauf zu hauen und etwas, d.h. eine Situation, oder eine Reanimation im Vorfeld auszuschließen und für unmöglich zu erklären.
Manchmal bin ich hitzig.
Ich hatte vor vielen Jahren einen Freund in Österreich. An irgendeiner Stelle waren wir an sehr unterschiedlichen Punkten, sprachen unterschiedliche Sprachen (… auch im bildlichen Sinne) und betrachteten auch unsere Beziehungszukunft von sehr unterschiedlichen Perspektiven.
Irgendwann hat der arme Mann mich so genervt, ( hier rede ich von einem langen Prozess, der irgendwann seinen Tribut forderte) und ich weiß nicht, ob es final damit zu tun hatte, dass er sich eine Knoblauchsuppe im Restaurant bestellte, (und ich mir dachte, eine Knoblauchsuppe zu essen ist im Hinblick auf ein gemeinsames Wochenende, das durch unsere räumliche Distanz schon eher seltener Natur war, ein echtes “No go“) oder an der nächtlichen Streiterei wegen seiner immer wiederkehrenden Eifersuchtsattacken.
Es kam wie es kommen musste, und er stellte leider irgendwann die Frage:
was willst du eigentlich?
Eine gute Frage, die, wenn man sie ehrlich beantwortet (kann und möchte), durchaus Leben in die Bude bringen kann.
Ich dachte kurz, aber sorgfältig nach und hörte mich sagen:
Nach Hause.
Gesagt getan. Ich stand auf, ließ ihn sprachlos mit seiner Suppe zurück, ging ins Hotel und schaute nach Flügen. Als er nachkam, war meine Tasche gepackt, und ich sah nur noch in zwei ungläubige Augen, die bis dahin dachten, ein wenig Drama gehöre zu uns Frauen und man könne uns leicht besänftigen. Wie der Zufall es manchmal so will (oder das Schicksal) stand ein Taxi vor der Tür, und ich war 15 Minuten später mit einem neuen Ticket in der Hand am Flughafen.

Ich weiß bis heute nicht, wie er es geschafft hat, durch die Sicherheitskontrolle zu kommen- ohne Ticket- aber dort stand er, immer noch ungläubig und erklärte mir, das seine Frage nicht unbedingt dieses Ausmaß an Reaktion erwartet hätte. Ich war froh dass er nicht zum Drama neigte, und wir uns somit eine Szene ersparen konnten, aber vielleicht war das immer noch der Schock unter dem er stand.
Ich saß endlich im Flieger, von Minute zu Minute wurde mir leichter ums Herz- es ging nach Hause, alleine.
War das nötig? Wahrscheinlich nicht.
Hat er mir verzeihen? Ja, hat er.
Fühlt es sich gut an, manchmal etwas loszulassen und zwar so unwiederbringlich, dass es keinen Grund gibt, zurück zu schauen?
Ganz sicher.

Ich überlege gerade, wie ich aus einer Gruppen- App aussteigen soll, die mich mit Kindergartenliedchen, animierten Filmchen, langweiligen Kommentaren und mindestens 2 mal die Woche mit Geburtstagsglückwünschen für Gruppenteilnehmer nervt.

Soll ich es still und leise machen, oder doch mit Drama und Getöse?

Ich bin ja für Tor 2.

Fräulein Lindemann

 

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